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Kapazität

Kapazität, ein Ausdruck, der zwar schon im 18. Jahrhundert verschiedentlich im Deutschen sich findet, aber erst vom Grafen Saint-Simon und seinen Jüngern mit wirklicher Schlagkraft erfüllt wurde. Börne, der 10, 118 (am 30. Dezember 1831) als die dritte Hauptlehre der Simonisten den bezeichnenden programmsatz zitiert: „A chacun selon sa capacité, à chaque capacité selon ses œuvres", nennt diese Forderung eine heillose Irrlehre und kritistert zugleich den Begriff der Kapazität.

Vgl. Heine 5, 194 (1832): „In gewisser Hinsicht war Napoleon ein Saint-Simonistischer Kaiser; wie er selbst vermöge seiner geistigen Superiorität zur Obergewalt befugt war, so beförderte er nur die Herrschaft der Kapazitäten und erzielte die physische und moralische Wohlfahrt der zahlreichem und armem Klassen.“ Siehe auch 6, 140 und 362, sowie Grün (1845) S. 90: „Jedem nach seiner Fähigkeit, jeder Fähigkeit nach ihren Werken, so heißt das praktische Dogma des St. Simonismus. Es entspringt unmittelbar aus dem letzten Worte St. Simons, allen Menschen die freieste Entwicklung ihrer Anlagen zu sichern, wenn dieses Wort seine Anwendung in einer Welt finden soll, die auf den Begriff des Lohnes, des Verdienstes und der Strafe, des Kaufs und des Verkaufs gegründet ist.“ Zugleich charakterisiert er dies Prinzip als einen recht bedenklichen Leitsatz, der zwar im Interesse des derzeitigen materiellen Proletariats ersonnen sei, aber in letzter Konsequenz dafür ein geistiges Proletariat herbeiführen müsse.

Die Umwandlung des Abstraktums zum Konkretum begegnet überdies bereits in den dreißiger Jahren (Heine 5, 160), und dies letztere wird nun besonders im Jahre 1848 ein Selbstgefälliges, aber auch viel verspottetes politisches Stichwort. Vgl. nur Grenzboten 1848, 1. Sem. 2, 290.