Kirchturmpatriotismus
Kirchturmpatriotismus begegnet seit ca. 1860 als schlagende Bezeichnung einer engherzigen, nur von den nächstliegenden Interessen bestimmten Politik. Vgl. Moritz Hartmann in den Demokr. Studien (1860) S. 243, dann auch eine Stelle im Deutschen Museum, 15. Bd. 2, 309 (1865).
Mit besonderem Nachdruck griff aber Bismarck, Polit. Reden 12, 629 dies Stichwort auf, indem er am 18. Mai 1889 denjenigen Reichstagsabgeordneten, welche die großen Interessen des Reichs hinter die persönlichen und örtlichen zurückstellten, eindringlich ins Gewissen redete: „Das, meine Herren, ist kein konservatives Gebaren, und wer sich auf diese Seite der Kirchturmspolitik, des Lokalpatriotismus, des Provinzialpatriotismus stellt, der, glaube ich, erfüllt die Ausgaben, die ein Mandat eines Reichstagsabgeordneten an ihn stellt, doch nur partiell, mit viel Schatten und wenig Licht.“