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Kulturkampf

Kulturkampf, nach Büchmann S. 659 f. ein bereits seit 1840 nachweisbarer Ausdruck, der aber erst durch Virchow 1873 in einem Wahlmanifest der Fortschrittspartei wirklich zum kirchenpolitischen Schlagwort beflügelt wurde und als solches auch von außerdeutschen Ländern angenommen wurde. Die Parole diente aber nicht nur den Verfechtern staatlicher Autorität in dem erbitterten Kampf der preußischen Regierung gegen die Machtansprüche der römischen Kurie als ernst gemeintes Fehdewort, sondern wurde auch von den Anhängern der Gegenpartei ironisch zurückgegeben. Vgl. Bismarck, Polit. Reden 6, 277 (1875), welcher sich dagegen verwahrt, dass man ihm „die Schuld an dem Kulturkampf zuschiebt, der doch, wie die Herren einräumen, für die Kultur und gegen die Unkultur geführt wird.“

Gegen die Unklarheit und Vieldeutigkeit des Ausdrucks wendet sich Lagarde S. 163 (1875) in scharfer Polemik: „Aller Orten hört man von einem Kulturkampf. Es ist mir nicht gelungen, mit voller Sicherheit festzustellen, wer dies jetzt von Munde zu Munde gehende Wort zuerst gebraucht hat: ein Gewinn für die Sprache und die Nation ist es nicht, vielmehr das Gegenteil. Denn Niemand weiß, was es eigentlich bedeuten soll. Einen Kampf, der Kultur ist? Einen Kampf, durch welchen Kultur erworben wird? Einen Kampf für die Kultur? Einen Kampf, der mittelst der Kultur geführt wird? Ungefähr analog währen die Zusammensetzungen Regenstrom, Vogelflinte, Schlaftrunk, Faustkampf … Vermutlich ist das Wort Kulturkampf in Deutschland ungefähr desselben Wertes, wie in Frankreich das Wort Verrat: eines der Worte, von denen Mephistopheles mit dem Schüler sprach: mixtura gummosa, wie sie der unerfahrene Arzt gibt, wenn er über die Krankheit nicht im Klaren ist, und dem Kranken doch den Glauben beizubringen wünscht, dass das Heilverfahren bereits eingeleitet sei: jedenfalls ist Kultur in den Augen derer, welche von Kulturkampf reden, das Höchste was sie überhaupt kennen, so sehr das Höchste dass sie alles Mögliche, sogar den Patriotismus, jetzt in Kultur nehmen.“

Vgl. auch Mommsen, Reden und Aufsätze S. 411 (1880): „Neben dem längst ausgebrochenen konfessionellen Krieg, dem sogenannten Kulturkampf, und dem neuerdings entfachten Bürgerkrieg des Geldbeutels tritt nun als Drittes ins Leben die Missgeburt des nationalen Gefühls, der Feldzug der Antisemiten.“

Eine Fülle von Fortbildungen, wie sie ein so viel gebrauchtes Schlagwort nur zu gern treibt, verzeichnet Sanders, Ergb. S. 293, z. B. Kulturkämpfer und Kulturkämpferei, auch das Verbum „kulturkämpfen“ usw.