Schaubühne. (Baukunst; Schauspielkunst) Ist der Platz auf welchem das, was im Drama vor den Augen der Zuschauer geschieht, verrichtet wird, der deswegen über den Grund, worauf ein Teil der Zuschauer steht, erhöhet ist. Die Beschaffenheit der Schaubühne hat einen großen Einfluss auf die vollkommene Aufführung des Drama. Wenn alles so soll vorgestellt werden, wie es in der Natur wirklich geschehen wäre, so muss die Beschaffenheit des Orts der Szene jedesmal genau beobachtet, mithin die Schaubühne für jede Handlung besonders eingerichtet werden. Also muss schon in der Anlage der Schaubühne dafür gesorgt sein, dass sie auf mancherlei Weise veränderlich sei; weil die Szene bald groß, bald klein, bald ein offener, bald ein verschlossener Ort, bald einen Garten oder ein offenes Land vorstellen muss.
Hieraus ist überhaupt zu sehen, dass die Schaubühne in dem, was ihr Bau beständiges hat, ein sehr großer, breiter und tiefer Saal sein sollte, der durch leichte, auf dem Boden des Saales hin und her zu schiebende Wände und durch Vorhänge, bald zu einer großen, bald zu einer kleinen Szene könnte gemacht werden.
Wenn dieses seine Richtigkeit hat, so müssen wir notwendig an der Einrichtung so wohl der alten Schaubühne der Griechen und Römer als der neueren verschiedenes aussetzen. Jene war so beschaffen, dass der hintere Grund ein festes Werk war, so dass die Bühne nach ihrer Tiefe oder Länge, die ohne dem gering war1, nicht konnte erweitert werden. Diese hintere Wand stellte allgemein Aussenseiten von Gebäuden vor, aus denen die handelnden Personen durch drei verschiedene Türen hervortraten und der Platz wo sie spielten, war allgemein eine Strasse, ein Markt oder ein Platz außer einer Stadt, aber immer gleich tief.
In unseren Bühnen macht ein bis auf den Boden herunterhangender Vorhang den hinteren Grund der Bühne aus. Dieses gibt den Vorteil, dass nicht nur die Tiefe der Schaubühne nach Belieben größer oder kleiner kann gemacht werden, nachdem man den Vorhang von dem vordersten Ende der Bühne mehr oder weniger entfernt; sondern dass vermittelst der darauf angebrachten Malerei die Szene sich so weit erstrecken kann als man will.
Hingegen haben unsere Schaubühnen noch verschiedene sehr wichtige Fehler. Erstlich sind sie, einige Opernbühnen ausgenommen, viel zu schmal; so dass sie zwar sehr tiefe oder lange, aber nie keine breite Plätze vorstellen können. Die Schauspieler können sich zwar in Ansehung der Tiefe allgemein weit genug von einander entfernen, aber in einerlei Entfernung von dem Zuschauer stehen sie immer nahe neben einander, obgleich die Handlung oft das Gegenteil erfordert.
Denn hat unsere Szene mit der alten den Fehler gemein, dass Straßen, öffentliche Plätze und die inneren Zimmer der Häuser dieselbe Breite haben; weil die Schaubühne sich in der Breite, nicht so wie in der Länge größer und kleiner machen lässt, sondern immer gleich bleibt. Wär unsere Bühne überhaupt viel breiter als sie wirklich ist, so könnten die handelnden Personen sich nach der Breite weiter von einander entfernen und man könnte nicht nur sehr tiefe, sondern wenn die Malerei an den beweglichen Seitenwänden zu Hilfe genommen würde sehr breite Plätze vorstellen.
Freilich entstünde denn eine neue Schwierigkeit, wenn die Szene in kleine Zimmer zu verlegen wäre. Doch wäre dieser größten teils dadurch abzuhelfen, dass die vordersten zwei oder drei Wände perspektivisch geschoben würden, wie die beistehende Figur zeigt. A B stellet das vorderste Ende der Schaubühne in ihrer ganzen Breite vor; C D den Vorhang im Grund. Die kleineren Striche die gemalten Wände; E ein kleines Zimmer. So könnten die Wände, die F gegenüberstehen einen Vorsal oder einen anderen Platz vor dem Kabinet E vorstellen. Die einzige Unbequemlichkeit hierbei wäre, dass dergleichen kleine Zimmer etwas tief in die Bühne hereinkämen und die Schauspieler etwas lauter sprechen müssten, um verstanden zu werden.
Unter der Menge der dramatischen Stücke der Alten, sind wenige, die sich auf unseren gar zu schmalen Bühnen auf eine schickliche Weise vorstellen ließen, und auch von viel guten neueren Stücken wird die Vorstellung dadurch, dass die spielenden Personen oft zu nahe aufeinander stehen müssen, sehr unschicklich. Solche doppelte Auftritte, dergleichen Plautus und Terenz bisweilen haben und die sehr lustig sind, können auf unseren engen Bühnen gar nicht angebracht werden.
Es ist schade, dass der Herr von Riedesel, dessen ich vorher gedacht habe, da er in den Ruinen eines alten Theaters in Sicilien gewesen ist, nicht eine genaue Beschreibung von allem gegeben hat, aus welcher vielleicht einiges Licht über die wahren Ursachen des sich von der Szene so sehr leicht bis auf die entlegensten Stellen des Schauplazes verbreitenden Tones, hätte gezogen werden können. Denn dieses scheint noch ein ziemlich allgemeiner Mangel unserer Bühnen, dass sie den Ton der spielenden Personen eher schwächen als verstärken.
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1 Der Herr von Riedesel sagt in seiner Reise durch Sicilien und Groß- Griechenland, S. 152. dass er die Szene in dem Theater von Tavormina, dem alten Taurominium nur von 5 Neapolitanischen Palmen gesunden, welches freilich eine unbegreifliche Einschränkung ist.