Stimmen, Stimmung

Stimmen. Stimmung. (Musik) Von der richtigen Stimmung der Instrumente hängt bei der Aufführung der Tonstücke die Reinheit der Harmonie, folglich ein beträchtlicher Teil der guten Wirkung eines Stücks ab. Wir haben deswegen für nötig erachtet, in diesem Artikel das was zur richtigen Stimmung der verschiedenen Instrumente gehört, ausführlich vorzutragen.

Zuerst wird in jedem Instrument ein Ton festgesetzt, mit dem die übrigen Töne in ihrer. Höhe oder Tiefe verglichen werden. Dieser Ton kann bei einem einzelnen Instrument willkürlich sein; wo aber mehr Instrumente zugleich spielen sollen, ist nötig, dass alle nach einem Ton, nämlich gleich gestimmt seien. Es ist aber bei dem Mangel der vollkommenen Reinheit verschiedener Intervalle unseres heutigen Systems [s. System. Temperatur], und bei der verschiedenen mechanischen Einrichtung der Instrumente nicht gleichgültig, welcher Ton zum Stimmton gewählet werde, wenn die Spieler in allen Tonarten gleich rein zusammen stimmen sollen. Da dieses in einem Orchester von der äußersten Wichtigkeit ist und so wenig bestimmt worden, dass jeder sein Instrument nach Gutdünken zu stimmen pflegt und den ersten den besten Stimmton, der ihm bequem ist, wählet, ohne zu bedenken, dass dieser Ton temperirt und gegen andere Instrumente zu hoch oder zu tief sein könne, wodurch denn für jedes feine Gehör oft die übelste Wirkung im Ganzen entsteht; so wollen wir hier eine leichte und richtige Methode angeben, nach welcher zuerst die Orgel oder das Clavicembel, gestimmt sein müsse; und dann die Stimmtöne anzeigen, nach denen die übrigen Instrumente gestimmt werden müssen.

Überhaupt muss die Stimmung, so weit es möglich ist, durch ganz reine konsonierende Intervalle geschehen, weil diese am leichtesten gegen einander zu vergleichen sind. Bei den Klavierinstrumenten, wo jeder Ton des Systems gestimmt werden muss, ist eine Temperatur zu wählen, die so beschaffen sei, dass, indem man durch reine konsonierende Intervalle fortstimmt, sie jedesmal genau getroffen werden könne. Die Richtigkeit der Temperatur, die auf folgende Art im Stimmen allemal genau getroffen werden kann, ist an einem anderen Ort erwiesen [s. Temperatur] worden. Man nimmt nemlich c auf einer richtigen Stimmpfeife zum Stimmton, stimmt die Oktave desselben, dann die reine Quinte g; von g die reine Quinte d- und dessen Unteroktave. Darauf passt man die reine Terz e in den Dreiklang von c. Von dem erhaltnen e verfährt man vorgeschriebener maßen bis f, wie in dem ersten Absatz von c bis d. Nach dem erhaltenen f fängt man mit c– an und stimmt durch reine Unterquinten und Oktaven bis b d-. Dann fehlt nur noch das einzige a, welches zwischen d und e so eingepasst wird, dass es gegen beide leidlich klingt, welches sehr leicht bewerkstelliget werden kann. Von c bis f sind nun alle Töne gestimmt; nach diesen werden die übrigen Töne Oktaven- oder Quintenweise fortgestimmt. Auf einem nach dieser Temperatur gestimmten Klavierinstrument hat jeder Dreiklang oder jede Tonart ihren besonderen Charakter [s. Tonart], der mit dem, den man auf den übrigen Instrumenten so leicht unterscheidet, aufs genaueste übereinstimmt. Diejenigen, die der Violinen wegen die Quinten rein stimmen, erhalten in C dur eine Tonleiter und einen Charakter, der nur dem Cis dur eigen ist und Cis dur wird umgekehrt zu C dur. Es ist doch bei jeder Stimmung hauptsächlich darauf zu sehen, dass die gebräuchlichen Kirchentonarten vorzüglich rein erhalten werden.

Soll nun ein ganzes Orchester wohl zusammenstimmen, so müssen die Violoncellisten das große C oder die Quinte C-G des Clavicembals oder der Orgel, die nach vorgeschriebene Art gestimmet ist, zum Stimmton nehmen und danach ihre C-Saite und die reine Oberquinte stimmen, von da sie mit reinen Quinten aufwärts fortfahren. Die Bratschisten verfahren auf eben diese Weise eine Oktave höher. Die Violinisten stimmen die Quinte der Secund- und Terzsayte nach dem g und d- der Orgel oder des Flügels und stimmen dann auch aufwärts mit reinen Quinten bis ins fort.

Einige Violinisten haben die üble Gewohnheit, ihre Quint- und Quartsayten nach dem Clavicembal oder Flügel zu stimmen und dann mit reinen Quinten unterwärts fortzufahren. Ist nun das Violoncell von dem C-G des Flügels aufwärts gestimmt, so ist das g der Violinsayte gegen der Oktave des G der Violoncellsayte schon um große 1/80 zu tief. Man darf auf einer so gestimmten Violine nur folgende Noten langsam und rein spielen: um zu hören, dass das letzte g gegen das vorhergehende g–, als Oktave zu tief ist. Zwar wird nach unserer Art zu stimmen, die -Saite der Violine gegen die C-Saite des Violoncells als große Terz um 1/80 höher als 4/5 und die a- Saite als Sexte von C auch um 1/80 höher als 3/5; aber gute Violinisten lassen diese bloßen Saiten niemals hören, sondern greifen sowohl das als das a allezeit auf der unteren Saite mit dem kleinen Finger oder in der Applicatur und temperiren diese Töne nach Erfordernis der Tonart schon aus Gefühl. So bald die Violin oder jedes Geigeninstrument nach reinen Quinten gestimmt ist, muss in folgenden Noten das letzte a schon in der Applicatur gegriffen werden, weil das bloße zu hoch ist: Quanz hatte diese Unvollkommenheit der reinen Quintenstimmung auch bewerkt; er schlug daher vor*), die beiden Quinten und auf der Violine etwas unter sich schwebend zu stimmen; allein dadurch würde die Unvollkommenheit noch vermehrt worden sein, weil kein Violinist dann auf diesen beiden Saiten eine einzige Quinte hätte rein angeben können. Daher ist, wenn man annimmt, dass die zwei Saiten und im Spielen nicht anders als nur in Geschwindigkeiten, bloß angegeben werden, die reine Quintenstimmung von g aufwärts, die vollkommenste Art, die Violinen zu stimmen.

Die Flöten und Oboen, die im Blasen höher werden, müssen nicht, wie es fast durchgängig geschiehet, mit dem der Violine, welches ohnehin schon um 1/80 zu hoch ist, sondern mit dem der Orgel oder des Flügels gleich gestimmet werden. Die Waldhörner werden allezeit in dem Hauptton des Stücks gestimmt.

Seitdem Rousseau sich so sehr über die Gewohnheit des französischen Orchesters, ganze Stunden lang vor einer Kirchenmusik oder einer Oper zu stimmen und zu präludieren, aufgehalten hat, hat diese üble Gewohnheit in Paris nachgelassen; man stimmt jetzt in der großen Oper daselbst nicht einmal im Orchester, sondern in besonderen Nebenzimmern und jeder ist in einem Augenblick mit seinem Instrument fertig. Es wäre zu wünschen, dass manche deutsche Kapellen diesen Beispiel folgen und einmal einsehen lernen möchten, dass der Zuhörer auf keine unangenehmere Weise und schlechter zu dem folgenden vorbereitet werde als durch das ewige Stimmen und Präludieren so vieler Instrumente in einander und durch einander, ohne dass einer vor den anderen hören kann, ob sein Instrument gestimmt ist oder nicht.

 

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*) In seiner Anweisung d. Flötetraversiere zu spielen.


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