Schwarze Kunst. (Kupferstecherkunst) Ist eine besondere Art, eine Zeichnung in Kupfer zu graben, die nicht nur in der Behandlung, sondern auch in der Wirkung von dem eigentlichen Kupferstechen und dem Radieren sehr merklich abgeht und ihre eigene Vorteile hat. Das Verfahren dabei besteht überhaupt in folgenden.
Wenn die Platte, so wie zum Kupferstechen oder zum Radieren geglättet und poliert ist, wird sie mit einem eigenen Instrument so überarbeitet, dass sie nun ganz rauch wird oder eine durchaus krause Fläche bekommt, so dass sie nun, nach Art einer fertigen Kupferplatte mit Farb eingerieben und abgedruckt einen durchaus schwarzen Abdruck geben würde. Ehedem brauchte man dazu eine kleine stählerne Walze, nach Art einer sehr feinen Raspel behauen. Aber jetzt hat man andere Werkzeuge, die den Grund viel feiner bearbeiten.
Auf diesen Grund wird nun die Zeichnung gemacht und danach werden die hellern und ganz hellen Stellen durch feines Beschaben und Glätten des Grundes allmählich herausgebracht. Wie also beim Stechen und Radieren, die Schatten und dunklen Stellen in das Kupfer hineingegraben werden, so wird hier das Helle herausgearbeitet. Für die ganz dunklen Stellen wird der Grund so gelassen, wie die Walze ihn gemacht hat; für Schatten und halbe Schatten, wird er durch mehr oder weniger Beschaben der Platte, mehr oder weniger helle gemacht. Wenn die Platte fertig ist, so geschieht das Einreiben der Farb und das Abdrucken der Platte überhaupt, wie bei den anderen Arten der Kupferstiche.
Das Vorzügliche dieser Art besteht in dem sanften Ton der gedruckten Blätter. Weil hier keine Striche und Schraffirungen vorkommen, so sieht ein solches Kupfer wie mit dem Pinsel bearbeitet und auf das sanfteste vertrieben aus. Das Nakende und alles Weiche und Sanfte, wie Haare und Gewand, wird dadurch vollkommen wohl ausgedruckt und bei dem Nakenden hat man das Glänzende nicht zu besorgen, das im Kupferstich zu vermeiden ist. Daher sich die schwarze Kunst vorzüglich zum Portrait schickt, das in der vollkommensten Harmonie kann dargestellt werden.
Freilich wird es bei dieser Behandlung höchst schwer, in kleineren Teilen die höchste Genauigkeit der Umrisse mit der nötigen Leichtigkeit zu erhalten. Da wirkliche Umrisse, die von einigen Künstlern mit schlechtem Erfolg versucht worden, sich durchaus zu dem Sanften des übrigen nicht schicken.
Wiewohl diese Kunst viel jünger ist als das Kupferstechen und Radieren, so ist man doch über ihre Erfindung nicht völlig gewiss. Viele schreiben sie einem ehemaligen Heßischen Officier zu. Aber die gemeineste Sage gibt den berühmten Pfälzischen Prinzen Ruppert, der in England lebte als den Erfinder derselben an. In Evelyns etwas seltenen kleinen Werk über die Kupferstecherkunst1, findet man ein Originalblatt von diesem Prinzen, das freilich noch etwas unreinlich, aber nicht ohne Schönheit ist. Einige geben die Ehre der Erfindung dem berühmten Ritter Wren.
Sollte es ungewiss sein, dass diese Kunst in England erfunden worden, so hat sie doch gewiss in diesem Land ihre höchste Vollkommenheit erreicht. Withe und Smith die eine große Menge Portraite nach dem berühmten Kneller in schwarzer Kunst herausgegeben, wurden ehedem für die vorzüglichsten Meister darin gehalten. Aber in unseren Tagen ist sie in England doch zu einer größeren Vollkommenheit gekommen.2 Eine Unvollkommenheit hat diese Art, dass die Platten, besonders bei dem jetzt gewöhnlichen fein gearbeiteten Grund, viel weniger gute Abdrücke geben als die radierten oder gestochenen Platten. Hundert, bis hundert und fünfzig, und bei etwas weniger feinen Arbeit zweihundert Abdrücke schwächen die Platte schon so, dass man ihr etwas nachhelfen muss, um mehrere zu haben.
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1 John Evelyn's sculptura, or history and art of chalcographie etc. London 1662. 8. Es ist im Jahr 1755 eine neue Ausgabe davon erschienen.
2 Man findet die berühmtesten Meister der neueren Zeit nebst einem Verzeichnis ihrer besten Werke in Füßlins raisonnirenden Verzeichnis der vornehmsten Kupferstecher, das 1771 in Zürich herausgekommen ist, auf der 350 und den folgenden Seiten.