Selbstgespräch. (Dramatische Dichtkunst) Ein Auftritt wo nur eine Person erscheint, welche laut mit sich selbst spricht. Deswegen dieses Gespräch auch durch das griechische Wort Monologe bezeichnet wird. Man findet sehr wenig dramatische Stücke, wo nicht dergleichen Auftritte vorkommen. Man hat aber wohl bemerkt, dass sie meistenteils wieder die Wahrscheinlichkeit sein, indem es überaus selten ist, dass ein Mensch mit sich selbst laut spreche. Indessen erfordert es bisweilen die Notwendigkeit, dass der Dichter den Zuschauer von gewissen geheimen Gedanken und Anschlägen der Personen unterrichte, welches er auf keinerlei Weise tun kann, wenn er sie nicht laut mit sich selber sprechen lässt. Oft macht es auch dem Zuschauer ein besonderes Vergnügen, einen Menschen zu sehen, der, weil er sich allein glaubt, den ganzen Grund seines Herzens ausschüttet und seine geheimste Gedanken an den Tag bringt.
Es ist also unstreitig, dass das Selbstgespräch der dramatischen Dichtkunst nicht müsse untersagt werden, weil es notwendig und weil es angenehm ist. Aber der Dichter muss sich hüten die Wahrscheinlichkeit nicht allzusehr zu beleidigen, sonst geht das Vergnügen verloren. Die Alten hatten in ihren Sitten etwas, das ihnen den Gebrauch des Selbstgespräches natürlich machte. Es war wirklich gewöhnlich bei ihnen, dass Personen in wichtigen insbesondere traurigen Angelegenheiten des Herzens ihre Gedanken der Luft und den Sternen laut vortrugen.
Um diese Auftritte so natürlich zu machen als möglich ist, muss sowohl der Dichter als der Schauspieler das Seinige dazu beitragen. Der erstere muss sie niemals anbringen als wo es so viel möglich natürlich oder unumgänglich notwendig ist. Natürlicher Weise spricht der Mensch laut mit sich selbst in starken Affekten, da er sich selbst vergisst oder da, wo er in sehr wichtigen Angelegenheiten keinen Menschen hat, dem er sich anvertrauen könnte. Es ist eine sehr natürliche Neigung aller Menschen, dass sie gerne von dem reden, was ihr Herz ganz einnimmt. Sie suchen, auch so gar gegen ihr Interesse Gelegenheit, davon zu sprechen und auch da, wo dieses wirklich gefährlich wird, können sie sich nicht enthalten, wenigstens von weiten etwas davon merken zu lassen. In dergleichen Umständen kann der Dichter ohne Bedenken sie allein reden lassen. Wenn er dabei noch die Vorsichtigkeit gebraucht, dem Zuschauer die beschriebene Gemütsverfassung der handelnden Person deutlich zu erkennen zu geben, so wird kein Mensch sich am Selbstgespräch stoßen. Ferner wird das Alleinsprechen natürlich in großen Zerstreuungen des Geistes, wenn der Mensch sich in seinen Gedanken so sehr vertieft hat, dass er ganz vergisst, ob er allein oder in Gesellschaft sei. In diesem Fall ist das Alleinsprechen auch ohne großen Affekt natürlich und kann auch im Lustspiel angebracht werden. Außer diesen beiden Fällen wollte ich dem Dichter nicht raten, solche Auftritte anzubringen.
Der Schauspieler kann nun das Meiste dazu beitragen, dieselben natürlich zu machen. Er muss die Manieren, die Sprache und das ganze Wesen entweder einer unter drückenden Affekten liegenden oder einer in Gedanken vertieften Person annehmen. Wenn er sich aber zur Schau hinstellt, um recht merken zu lassen, dass er des Zuschauers wegen redet, so verderbet er alles. Er muss in allen Stücken so handeln, als wenn er allein wäre.