Schraffierung

Schraffierung. (Zeichnende Künste) In Zeichnungen, Kupferstichen und Gemälden nennt man die nebeneinandergesetzten, sich auch bisweilen durchkreuzenden Striche, wodurch die Schatten ausgedruckt werden, Schraffirungen.

Weil die Schatten gemeinhin von der dunkelsten Stelle gegen das Hellere nach und nach schwächer werden; so werden bei den Schraffirungen die Striche auch so gemacht, dass sie vom Dunkelsten gegen das Helle allmählich feiner werden und zuletzt in die feinsten Spizen auslaufen. Starke Schatten werden durch breitere und schwache durch schmälere oder feinere Striche ausgedrückt.

Die Schraffirung ist einfach, wenn auf einer Stelle die Striche parallel neben einander laufen; doppelt wenn sie sich durchkreuzen. Im ersten Falle erscheint das Weiße oder Helle zwischen zwei Strichen, auch wie ein weißer Strich, der vom Dunkeln gegen das Helle immer breiter wird; im anderen Fall aber wird der helle Grund zwischen den Schraffirungen in kleine, gerade oder verschobene rautenförmige Vierecke eingeteilt. Die letztere Art hat etwas angenehmeres und weicheres als die erstere, die deswegen auch nur zu Schattierung harter Körper von matter Oberfläche als Holz, Stein und Erde, gebraucht wird.

Es gibt auch eine Schraffirung, da das Weiße zwischen den Strichen noch mit ganz kleinen abgesetzten Strichen, zu Verstärkung des Schattens, ausgefüllt wird.

Eine gute Schraffirung erfordert nicht nur freie, dreiste Striche, wie sich mancher junge Zeichner oder Kupferstecher einzubilden scheint; sondern überhaupt eine sehr sorgfältige Behandlung, die die Frucht eines genauen Nachdenkens und feinen Gefühles ist.

Erstlich kommt viel darauf an, wie die Striche laufen, ob sie aufwärts oder unterwärts, ob sie viel oder wenig gebogen seien, weil dieses sehr viel beiträgt, die höhere oder flächere Ründung und die wahre Gestalt der Körper auf die natürlichste Weise darzustellen. Die besten Meister sehen allemal darauf, dass ihre Schraffirungen so laufen, wie die Ansicht des Teiles, der damit schattiert wird und die abwechselnden Krümmungen es zum natürlichsten Ausdruck erfordern, bald in einförmigen Bogen, bald wellenförmig oder sich schlengelnd. So wie z.B. bei einem in Falten liegenden Gewande, die Faden des Gewebes in ihren verschiedenen Krümmungen laufen, so ändert auch ein Zeichner die Wendungen seiner Schraffirungen ab, selbst da, wo eigentlich kein Faden zu merken ist, wie in der Haut des menschlichen Körpers, wo man sich doch allemal etwas, dem Faden des Gewandes ähnliches vorzustellen pflegt.

Zweitens kommt das Harte und Weiche der Schatten, das von der Wahrheit oder Richtigkeit derselben ganz verschieden ist, größtenteils auf das engere oder weitere Schraffiren, auf die Stärke und Schwäche der Striche an. Nichts ist härter und unangenehmer als etwas kernhafte, dabei kurz abgesetzte Schraffirungen. Ganz feine und sehr enge einfache Schraffirung, hat etwas weichliches, daher sehen in einigen Kupferstichen von Albrecht Dürer, der, wie alle Kupferstecher der ersten Zeit, so fein zu schraffieren pflegte, alle Gegenstände so aus als wenn sie mit feinem Seidenpapier überzogen wären. Ganz feine und zarte Striche zwischen starken und eng an einanderstehenden, verursachen etwas glänzendes, das für den Ausdruck der feinsten Haut der Gesichter doch zu glänzend ist. Die Stärke der Striche muss sich nicht nach der Stärke oder Dunkelheit der Schatten, sondern nach der Größe der Masse, die der Schatten ausmacht, richten.

Wir zeigen hier bloß einige Hauptpunkte an, ohne uns weiter darüber einzulassen, weil es ohne merkliche Schweerfälligkeit nicht möglich ist, dergleichen Dinge ausführlich zu beschreiben. Der größte Teil der Kunst des Kupferstechens kommt auf den guten Geschmack der Schraffirungen an, weil die Harmonie des Ganzen meistens davon abhängt. Daher es für die Aufnahm der Kunst zu wünschen wäre, dass ein Meister derselben diese Materie behandelte. Für junge Künstler wäre es nötig, dass man neu herausgekommene Kupferstiche in eigenen Wochen- oder Monat- Schriften mit der genauen Kritik beurteilte, wie in einigen französischen Schriften die Schreibart und die grammatische Richtigkeit des Ausdrucks neuer Bücher beurteilt werden. Noch nützlicher wäre es, wenn die verschiedenen Akademien der zeichnenden Künste, sich angelegen sein ließen, durch solche kritische Beurteilungen, der so häufig herauskommenden Kupferstiche, den jungen Künstlern an die Hand zu gehen.

 


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