Schaumünze

Schaumünze. Wir begreifen unter diesem Namen nicht nur die, nach Art der gangbaren Geldsorten, zum Andenken besonderer Personen oder Begebenheiten geprägten Schaustücke, sondern auch die gangbaren Geldsorten alter und neuer Zeit selbst, insofern ihr Gepräge die Aufmerksamkeit der Künstler verdient. Sie sind, wie mehrere Gattungen, nur zufälliger Weise Gegenstände des Geschmacks und der schönen Kunst worden.

Man kann gar leicht begreifen, wie die Notdurft die Gewohnheit eingeführt habe, kleinen Stücken Metall Zeichen einzuprägen, wodurch sie ein authentisches Zeugnis ihres Werts oder der Lauterkeit des unverfälschten Metalles, bekommen. Und es gereicht dem menschlichen Verstand zur Ehre, dass er so vielfältige Mittel ausgedacht hat, Sachen, die bloße Notdurft erzeugt hat, auch noch in höheren Absichten nützlich zu machen. Dieses ist auch dem Genie der Natur gemäß, die sich nirgend begnügt das bloß notwendige in ihren Werken anzubringen, sondern sie zugleich auch schön und zu Nebenabsichten brauchbar macht, ob sie gleich dabei die Regeln einer klugen Wirthschaftlichkeit nicht aus den Augen setzt. Da man also geprägte Metalle brauchte, war es ein verständiger und glücklicher Einfall, sie zugleich zu Gegenständen des Geschmacks zu machen, so wie man es mit den Gebäuden gemacht hat. Vielleicht hat man diesen guten Einfall den Griechen zuzuschreiben; wenigstens wüßte ich nicht, dass man vor ihnen Münzen geprägt hätte, an denen man eine unzweifelhafte Absicht entdecken könnte, dass sie auch Gegenstände des Geschmacks hätten sein sollen.

Die Schaumünzen haben in mehreren Absichten einen Vorzug über alle andere Gattungen der Kunstwerke. Ihre allgemeine, schnelle und leichte Ausbreitung; ihre Dauer, die der sonst alles zerstörenden Zeit troz zu bieten scheint; die leichte Art sie in sehr großer Zahl zu vermehren, sind Vorteile, die ihnen eigen sind. Zwar sind sie in Ansehung der Bearbeitung und Ausführung des Stoffes, den die zeichnenden Künste wählen, enger eingeschränkt als die Malerei, die Kupferstecherkunst, die Bildhauerei und die Baukunst. Aber jene Vorzüge ersetzen das, was ihnen von dieser Seite abgeht. Doch ist auch ihr Stoff nicht unbeträchtlich.

Die Griechen kannten keine kräftigere Aufmunterung zu öffentlicher Tugend und keine größere Belohnung des Verdienstes, als die Statüen. Ich getraue mir zu sagen, dass die Schaumünzen hierzu noch weit schicklicher wären. Man stelle sich vor, was für eine Ehre es wäre, wenn das Bildnis einer Privatperson, sehr seltener und wichtiger Verdienste halber, auf gangbaren und von dem Landesherren geprägten Münzen erschiene? Ich glaube nicht, dass der ruhmgierigste Mensch eine größere Ehre sich wünschen könnte.

Außer dem Vorteil die Tugend zu belohnen, haben die Schaumünzen noch vielerlei Nutzen. Sie sind die sichersten Mittel die merkwürdigsten Begebenheiten, die in der Geschicht eines Volkes Epochen ausmachen, auf die späteste Nachwelt zu bringen. Zwar nicht mit allen Umständen, wie die Beredsamkeit es tun könnte, aber doch mit dem Wesentlichsten, dadurch sie sich auszeichnen. Sie können auch, ohne Rücksicht auf die Nachwelt, nützlich gebraucht werden, die Einwohner eines Landes auf gewisse Erfindungen, Stiftungen und neue Anordnungen aufmerksam zu machen und für dieselben einzunehmen. Endlich dienen sie auch die Nachwelt von der gegenwärtigen Beschaffenheit gewisser Dinge, die vergänglich sind, zu unterrichten, merkwürdige Gebäude, Maschinen, Instrumente und andere Erfindungen nach ihrer wahren Form, zum Unterricht für die spätesten Zeiten aufzubehalten. Also könnte eine Nation die Schaumünzen sehr vorteilhaft brauchen der Nachwelt einen guten Begriff von ihrem Verstand, Geschmack und Tugend beizubringen.

Wollte man alle diese Vorteile, deren Wichtigkeit in die Augen fällt, auf das sicherste erhalten, so müsste man erstlich das, was die Erfindung, den Geschmack und die Kunst dieses Zweiges betrifft, zu einer gewissen Vollkommenheit bringen und dann auch auf vernünftige Polizeigesetze zur besten Anwendung desselben denken. Da dieser zweite Punkt außer den Grenzen der allgemeinen Theorie der Kunst liegt; so wollen wir nur von dem ersten sprechen.

Es hat sich, so viel ich weiß, bis jetzt noch niemand in eine wahre und auf richtige Grundsätze beruhende Kritik der Schaumünzen eingelassen, ob gleich die Sache dieser Mühe wohl wert ist. Wir wollen versuchen einen Anfang dazu zu machen und die weitere Ausführung der Sache anderen überlassen.



Inhalt:


Historische Münzen
Ästhetische Münzen

 

 


Vergleiche ferner:

- Elfenbein, Gold, Erz, Marmor (Hegel, Vorl. ü. d. Ästhetik)

- Tauschmittel, Zahlungsmittel, Geld (Weber, Wirtschaft u. Gesellschaft)

- Geldverfassung und Geldarten (Weber, Wirtschaft u. Gesellschaft)

- Ursprüngliche Erfordertheit wertvollen Geldes (Simmel, Phil. d. Geldes)


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Seite zuletzt aktualisiert: 23.10.2004 
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