Die menschliche Seele ist unbeständig und veränderlich
Nicht allein der Wind der Zufälle bewegt mich, nach dem er geht; sondern, was noch mehr ist, ich bewege und beunruhige mich selbst durch meine wankelbare Stellung. Wer genau Achtung gibt, wird sich schwerlich zwei mal in einerlei Zustande antreffen. Ich gebe meiner Seele bald dieses bald wieder ein anderes Ansehen, nach dem ich sie auf eine oder die andere Seite lege. Dass ich verschiedentlich von mir rede, kommt daher, dass ich mich verschiedentlich betrachte. Ich finde in mir alle einander entgegen gesetzte Eigenschaften, nach einer gewissen Reihe, und auf gewisse Weise. Ich bin schamhaft, unverschämt, keusch, wollüstig, geschwätzig, verschwiegen, arbeitsam, weichlich, sinnreich, dumm, verdrießlich, aufgeräumt, verlogen, wahrhaftig, gelehrt, unwissend, freigebig, geizig und verschwenderisch. Alles dieses sehe ich gewisser maßen bei mir, nachdem ich mich betrachte. Jeder, der sich aufmerksam ausforscht, findet an sich, und an seiner Urteilskraft selbst diese Unbeständigkeit und Verschiedenheit. Ich kann nichts von mir vollkommen, schlechterdings und gewiß, ohne Verwirrung und ohne Vermischung und mit einem Worte sagen. Distinguo ist das allgemeine Glied meiner Logik.