
Unbeständigkeit der menschlichen Handlungen
Diejenigen, welche sich die menschlichen Handlungen zu beurteilen üben, finden nirgends so viele Schwierigkeit, als wenn sie dieselben mit einander vergleichen und ihnen einerlei Anstrich geben wollen. Denn sie widersprechen gemeiniglich einander so sehr, dass sie dem Ansehen nach unmöglich sollten aus einerlei Werkstatt haben kommen können. Der junge Marius bezeigt sich bald als einen Sohn des Mars, bald als einen Sohn der Venus (a). Der Papst Bonifacius VIII. ist, wie man sagt, zu seiner Würde wie ein Fuchs gelangt, hat sich darinnen wie ein Löwe gehalten, und ist wie ein Hund gestorben. Und wer sollte glauben, dass Nero, das vollkommene Bild der Grausamkeit, als man ihm die Verurteilung eines Missetäters nach Gewohnheit zu unterschreiben vorlegte, zur Antwort gegeben hätte: (b) Wollte Gott, ich hätte niemals schreiben gelernt. So bang war es ihm um das Herze, dass er einen Menschen zum Tode verurteilen sollte. Alles ist so voll von solchen Beispielen, von welchen auch jeder selbst genug finden kann, dass es mich manchmal befremdet, wenn ich sehe, dass sich verständige Leute Mühe geben, diese Stücke mit einander zu vergleichen, da ich doch die Unschließigkeit vor den allergemeinsten und sichtlichsten Fehler unserer Natur halte, nach dem bekannten Vers des Publius Mimus:
Malum Consilium est quod mutari non potest. (c)
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(a) Plutarch im Leben des Caius Marius. zu Ende 'En archê pais Areos ônomazeto, tachy de tois ergois elegchomenos, authis Aphroditês hyios ekaleito.
(b) Vellem nescire literas. Senec. de Clementia, L. II. c. 1.
(c) Das ist ein schlimmer Anschlag, den man nicht ändern kann. Ex Publii Mimis apud A. Gellium. L. XVII. c. 14.