Luculls Soldat wird beherzt, da er geplündert worden ist
Lucull hatte einen Soldaten, der sich, als er von den Feinden geplündert worden war, um sich zu rächen, einen schönen Streich tapfer gegen sie ausführte. Als nun sein Verlust wieder ersetzt war, und Lucull, der hierdurch eine gute Meinung von ihm bekam, ihn zu einer andern gefährlichen Unternehmung durch die schönsten Vorstellungen, auf die er sich nur besinnen konnte, anfrischte:
Verbis quae timido quoque possent addere mentem. (a)
antwortete er: Brauche darzu einen armen ausgeplünderten Soldaten:
Quantumuis rusticus, ibit, Ibit eo quo vis, qui zonam perdidit, inquit. (b)
und weigerte sich schlechterdings zu gehen. Wenn wir lesen, daß Mahomet den Chasan, das Haupt seiner Janitscharen, sehr hart angesehen, als er gefunden, dass die Ungarn in seinen Haufen eingedrungen waren, und er sich feig im Treffen bezeigt hatte, und dass Chasan statt aller Antwort, rasend ganz allein, so wie er war mit seinem Gewehr in der Faust in den ersten Haufen Feinde, die ihm vorgekommen, hineingesetzt habe, von welchen er auch so gleich nieder gemacht worden, so war dieses vielleicht nicht so wohl eine Rechtfertigung, als eine Sinnesänderung, nicht so wohl eine natürliche Tapferkeit, als ein neuer Verdruss. Man lasse es sich nicht befremden, wenn man einen, der sich gestern so verwegen stellte, heute so furchtsam sehen tut. Entweder der Zorn, oder die Not, oder die Gesellschaft, oder der Wein, oder der Ton einer Trompete hatten ihm Herz gemachet. Dies Herz kam von keiner Überlegung. Die Umstände haben es ihm gestärkt: Es ist kein Wunder, wenn er jezt ein ganz andrer Mensch geworden ist, weil sich die Umstände geändert haben. Diese so leichte Veränderung und dieser sein Widerspruch, den man bei uns sieht, hat verursacht, dass uns einige zwei Seelen, andere zwei Mächte angedichtet haben, die uns begleiteten und lenkten, jede nach ihrer Art, die eine zum Guten, die andere zum Bösen: weil sich eine so tolle Verschiedenheit in einem einfachen Dinge nicht wohl mit einander vergleichen läßt.
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(a) Mit solchen Worten, die auch den allverzagtesten ein Herze machen müssen. Horat. Epist. 2. L II. v. 36.
(b) So ungeschickt er auch war, so sagte er doch: Es mag Sturm laufen, wer da will, und wer nichts zu verlieren hat. Horat. L. II. Epist. 2. v. 40.