Die Natur übertrifft die Kunst. Schluß, den Montaigne aus diesem Grunde zum Vorteile der Tiere wider den Menschen herleitet


Wir erkennen aus ihren meisten Werken hinlänglich, wie viel vorzügliches die Tiere vor uns besitzen, und wie wenig wir ihnen durch unsere Kunst nachzuahmen im Stande sind. Wir wissen indessen, was für Kräfte wir zu unsern plumpem Werken anwenden, und dass sich unsere Seele aller ihrer Stärke dabei bedient. Warum glauben wir nicht, dass es bei ihnen eben so ist? Warum legen wir ihre Werke, die alles übertreffen, was wir durch die Natur und Kunst hervor bringen können, ich weiß nicht was für einer natürlichen und gezwungenen Neigung bei? Hiedurch räumen wir ihnen unwissend einen sehr großen Vorzug vor uns ein. Wir nehmen an, dass sie die Natur zu allen Handlungen und Bequemlichkeiten ihres Lebens mit einer mütterlichen Zärtlichkeit begleitet, und gleichsam bei der Hand führt, und uns hingegen dem Zufall und dem Glück überläßt, und die zu unserer Erhaltung nötigen Dinge durch die Kunst suchen heißt: ja, dass sie uns zugleich die Mittel versagt, durch einige Unterweisung, und einiges Nachdenken zu der natürlichen Geschicklichkeit der Tiere zu gelangen; dergestalt, dass ihre viehische Dummheit in allen vorteilhaften Stücken dasjenige übertrift, wozu unser göttlicher Verstand gelangen kann. Wahrhaftig, nach dieser Rechnung hätten wir wohl Ursache, sie eine sehr ungerechte Stiefmutter zu nennen. Allein, die Sache verhält sich nicht so. Unsere Umstände sind nicht so schlimm und ungleich.


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