Die Alten brachten ganze Nächte mit Trinken zu
Zum andern, wenn man Französisch bei zweien Mahlzeiten und mäßig trinkt, schränkt man die Gunstbezeugungen dieses Gottes zu sehr ein. Es gehört mehr Zeit und Standhaftigkeit dazu. Die Alten brachten oft ganze Nächte mit dieser Übung hin, und verknüpften öfters die Tage damit. Also muß man ordentlich desto reichlicher und stärker trinken. Ich habe zu meiner Zeit einen großen Herrn gesehen, einen Herrn, der große Dinge unternahm und rühmlich ausführte, welcher aber, ohne sich Gewalt anzutun, ordentlich bei der Tafel nicht weniger als fünf (a) Lots Wein trank, und wenn er aufstand, sich dennoch zu unsern Schaden nur allzu klug und allzu vorsichtig bezeigte. Ein Vergnügen, das wir in unserem Lebenslauf mit in die Rechnung bringen wollen, muß einen größern Teil unsers Lebens dauern. Wir sollten wie die Kramdiener und Tagelöhner, keine Gelegenheit zu trinken ausschlagen, und diese Begierde beständig im Kopfe haben. Es scheint, als ob wir von Tage zu Tage den Genuß dieses Vergnügens abkürzten, und dass sonst in unsern Häusern, wie ich in meiner Kindheit gesehen habe, das Frühstücken, das Vesperbrod (b) und die kleinen Mahlzeiten, weit häufiger und gewöhnlicher gewesen wären, als jetzo. Sollte es wohl daher kommen, dass wir in etwas auf Besserung dächten? wahrhaftig, nein. Aber vielleicht daher dass wir der Unzucht mehr nachhängen, als unsere Väter. Allein dieses sind zwei Dinge die nicht in gleicher Stärke beisammen sein können. Sie hat auf der einen Seite unsern Magen geschwächt: und auf der andern dient die Nüchternheit dazu, dass sie uns artiger und zu Liebeswerken geschickter macht.
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(a) Von dem Worte Lot sagt Menage in seinem Dictionaire Etymologique nur so viel, dass dieses Wort, unter andern Bedeutungen seiner Meinung nach auch für ein Maß flüßiger Dinge gebraucht werde, und weist uns auf das Glossarium des du Cange, der auch nicht mehr sagt. Ein guter Freund hat mich versichert, dass dieses Wort in Flandern, wo es noch in diesem Verstande gebräuchlich ist, etwas über zwei Kannen, Pariser Maß, mache: und dies sagt Cotgrave in seinem Dictionaire Frangois-Anglois ausdrücklich. Borel bemerkt in seinem Tresor de Recherches et Antiquités Gauloises u. s. w. bei dem Wort Monnoye, secondes Additions, an, dass im Jahr 1351, das Lot Wein nicht mehr, als zwei Pfenninge (Denier) gekostet habe.
(b) Le ressiner, oder vielmehr reciner, heißt, nach dem neuen Ausleger des Rabelais, das Vesperbrod, oder das Essen, so einige Zeit nach der Mittagsmahlzeit folgt: Reciner, sagt dieser geschickte Ausleger, kommt her von Recoenare, welches von coena abstammt, und nach dem Festus vor Alters das Mittagmahl bedeutete. Man sehe den Festus L. III. über das Wort Coena und L XVII. über das Wort Sensus.