Menschen und Tiere sind der Ordnung der Natur auf gleiche Weise unterworfen
Ich habe alles dieses zu dem Ende gesagt, um die Gleichheit zu erweisen, die unter den menschlichen Dingen ist, und um uns wieder zu dem großen Haufen zurück zu führen, und wieder mit demselben zu vereinigen. Wir sind weder höher, noch niedriger, als der übrige Teil. Alles, was unter dem Himmel ist, sagt der Weise, ist einerlei Gesetze, und gleichem Glücke unterworfen.
Indupedita suis fatalibus omnia vinclis. (a)
Zwar gibt es einen gewissen Unterschied: es gibt Gattungen, es gibt Stuffen. Allein, alles steht unter der Aufsicht der einzigen Natur.
Res quaeque suo ritu procedit, et omnes
Foedere naturae certo discrimina seruant. (b)
Man muß den Menschen zwingen, und in den Schranken dieser Ordnung halten. Das elende Geschöpf kann dieselben zwar ohnedem nicht wirklich überschreiten. Es ist eben so gut gespannt und gefesselt, und eben so gebunden, als die übrigen Geschöpfe von seiner Ordnung, und befindet sich in einem sehr mittelmäßigen Stande, ohne alle Vorrechte, und ohne einige wahre und wesentliche Vorzüge. Die vermeinten und eingebildeten Vorzüge, die es sich selbst beilegt, sind erdichtet und abgeschmackt. Wenn nun dem also ist, dass der Mensch unter allen Tieren allein eine so freie Einbildungskraft, und unordentliche Art zu denken hat, die ihm das, was ist, und das was nicht ist, was er nur will, das Falsche und das Wahre, vorstellt: so ist dieses ein Vorzug, der ihm teuer zu stehen kommt, und dessen er sich nicht sehr zu rühmen hat. Hieraus entspringt die Hauptquelle der Übel, die ihn drücken, die Sünde, die Krankheit, die Unschlüßigkeit, die Verwirrung, die Verzweifelung.
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(a) Alle Dinge hängen durch eine notwendige Verbindung zusammen. Lucretius. L. V. v. 874.
(b) Alle Dinge gehen ihrer ersten Einrichtung nach fort, und alle beobachten beständig die verschiedenen ihnen von der Natur vorgeschriebenen Gesetze. Eb. das. v. 921. 911.