299. Beschirmen¹⁾. Beschützen²⁾. Verteidigen³⁾.
Beschützen (von mhd. schützen, aufdämmen, eindämmen, umdämmen, schirmen, verteidigen; zu dem Verbum schießen gehörig; in schießen liegt auch der Begriff der schnellen Bewegung; daher bedeutet schützen eigentlich: durch schnelle Bewegung eine Gefahr ablenken, z. B. durch einen Schlag mit dem Schwerte, durch Verschließen mit dem Riegel usw.) ist ursprünglich ein Sicherstellen durch tätige Mittel (eig. durch das Schwert), beschirmen (von ahd. der scirm, scërm, Schutzwehr, Schild, Schutz, mhd. schirm, schërm, Schild, Schutzdach, Verteidigung) dagegen ist eine Sicherstellung durch bloße deckende Mittel (eig. durch Vorhalten des Schildes). Beschützen bezieht sich besonders auf eine wirkliche, beschirmen auch auf eine bloß mögliche Gefahr. Die Bedeutung beider Wörter fließt jedoch vielfach ineinander über; schon unsere Vorfahren verknüpften beide Begriffe sehr eng in der willkommenen alliterierenden Formel: Schutz und Schirm. Gegenwärtig ist beschirmen nur noch in dichterischer Sprache gebräuchlich; namentlich wird es verwendet, um den Schutz Gottes auszudrücken, und ist daher der Religionssprache eigen geblieben. Verteidigen (mhd. vertagedingen, eig. auf dem Tageding [d. i. vor Gericht] verhandeln, ahd. tagading, Gerichtstermin, Verhandlung) enthält den Begriff einer Abwehr lebender Wesen durch lebende Wesen, z. B. ein Land, eine Festung, eine Stadt usw. gegen den Feind verteidigen. Ein Leinwanddach, das wir über einen Sitz im Freien ziehen, beschützt oder beschirmt uns vor sengenden Sonnenstrahlen und strömendem Regen, aber wir sagen nicht: es verteidigt uns. Das flache Land wird in Holland durch die Dämme vor den Überschwemmungen der See beschützt, und die Einwohner desselben werden durch Kriegsheere und Festungen beschützt und verteidigt. Wenn man von einem Verteidigen gegen Wasser, Feuer, Seuchen u. dgl. spricht, so werden diese Dinge als Personen gedacht. Namentlich gebraucht man verteidigen, seiner ursprünglichen Bedeutung gemäß, von der Tätigkeit eines Sachverwalters vor Gericht; dieser nimmt seinen Klienten dem Vertreter der Anklage, dem Staatsanwälte, gegenüber in Schutz. Er sucht entweder die Unschuld seines Klienten nachzuweisen oder mildernde Umstände für ihn geltend zu machen. Für diese Tätigkeit eines Rechtsanwalts gebrauchen wir ganz besonders den Ausdruck: er verteidigt seinen Klienten, und nennen den Rechtsanwalt geradezu den Verteidiger des Angeklagten. Daraus ergibt sich dann weiter, daß der Rechtsanwalt nicht nur die Person des Angeklagten verteidigt, sondern wir sagen auch: er verteidigt die Unschuld, die Ehre des Angeklagten, und dann weiter: er verteidigt seine aufgestellten Behauptungen, seine Ansicht u. ähnl. Von solchem Rechtsstreit ist das Wort aber auch weiter auf Privatstreitigkeiten, namentlich auf wissenschaftliche oder parlamentarische Verhandlungen übertragen worden. Ein Gelehrter verteidigt eine Hypothese, eine Ansicht, einen aufgestellten Satz, ein Abgeordneter verteidigt seinen Antrag, seine Art der Abstimmung, seine Haltung in einer bestimmten Frage usw. gegen berechtigte und unberechtigte Angriffe. Die Wörter beschützen und beschirmen könnte man in allen diesen Fällen nicht verwenden.