262. Behaglich¹⁾. Heimlich²⁾. Traulich³⁾. Traut⁴⁾.
Diese vier Wörter treffen nur in einer entfernten Beziehung zusammen, indem sie das ruhige Gefühl des Wohlbefindens bezeichnen, sofern man sich dabei vor aller unangenehmen Störung gesichert weiß: jedoch drückt behaglich (eig. das, was eingehegt, eingefriedigt, geschützt ist; behagen, Hag, Hecke und hegen sind eines Stammes mit der Grundbedeutung helfen, schützen) dieses Gefühl mehr von der sinnlichen, heimlich und traulich dagegen mehr von derjenigen Seite aus, welche nach der Welt des Gemüts gerichtet ist, traulich aber deutet an, daß dies angenehme Gefühl aus der Gewißheit hervorgeht, daß man einem Orte oder einer Person sich vertrauensvoll hingeben kann. „Lebt wohl, ihr Berge, ihr geliebten Triften, | ihr traulich stillen Täler, lebet wohl!“ Schiller, Jungfr. Prol. 4. „Traulich rankt sich die Reb’ empor am niedrigen Fenster.“ Schiller, Spazierg. 53. Heimlich ist in dieser Bedeutung mit heim, daheim, Heimat in Verbindung zu bringen und bezeichnet das wohltuende Gefühl der Sicherheit, die uns das Bewußtsein gibt, im Kreise der Unsrigen zu leben und vor den Feindseligkeiten fremder Menschen oder der Außenwelt überhaupt geschützt zu sein. Bei herbstlichen Regengüssen und Schneegestöber sitzen Freunde behaglich am Kamin und lauschen in Ruhe dem Getöse draußen. So wenn der Geißhirt (Voß, Theokr. VII, 69) seinen Freund angelangt weiß „im wohlanlandbaren Hafen“, „dann“, singt er, „soll schwellen ein Lager, empor bis zum Arme gehäufet; — O dann trink’ ich behaglich, Ageonax, Deiner gedenkend, Fest an die Becher den Mund bis hinab zur Hefe geschmieget.“ In den „Briefen aus der Schweiz“, 6. Nov. 1779, schreibt Goethe: „Wir sind im Wirtshause untergekrochen, sehen zum Fenster hinaus die Wolken wechseln; es ist uns so heimlich und so wohl, daß wir ein Dach haben, als Kindern, die sich aus Stühlen, Tischblättern und Teppichen eine Hütte am Ofen machen und sich darin bereden, es regne und schneie draußen, um angenehme eingebildete Schauer in ihren kleinen Seelen in Bewegung zu bringen.“ Vgl. a. Werthers L. I, 10. Sept. „Ich fühle es noch, wie heimlich mir’s war usw.“ Ders. Behaglichkeit ist daher die Begleiterin innerer und äußerer ungestörter Ruhe; wo es uns heimlich wird, da muß allerdings das Gemüt in Bewegung sein. So wird es dem Ermüdeten, wenn er in einem anmutigen Tale sich lagert, durch das sich ein sanfter Fluß schlängelt, behaglich zu Mute, den Liebenden aber wird’s heimlich dort. Neben traulich gebraucht man häufig, namentlich in dichterischer Sprache, das Wort traut (mhd. ahd. trût, lieb, geliebt; das Wort geht auf keltischen Ursprung zurück: ir. druth, Geliebte, meretrix; kymr. drud, d. i. lieb, teuer, geliebt, deutsch: traut). Dieses Wort bezeichnet den Gegenstand zugleich als einen, den man mit inniger Zuneigung umfaßt, mit dem man völlig vertraut ist. Das Wort ist nur in gehobener Sprache üblich. Man spricht von der trauten Heimat, einem trauten Tal, einem trauten Freunde, einem trauten Liede, Worte usw. Auch noch im Neuhochdeutschen wird das Wort gern auf die Geliebte angewendet, z. B. trautes Mädchen. Mein Trautel hält mich für und für in festen Liebesbanden.“ Bürger. — „Aus der trauten Jugend Dämmernissen.“ Paul Heyse, Gesammelte Werke, Berlin 1873 ff. 1, 355.