274. Beigenannt, mit Beinamen¹⁾. Zugenannt, mit Zunamen²⁾. Namens³⁾. Geheißen, genannt⁴⁾.
Beigenannt und zugenannt verhalten sich zu einander wie Beiname und Zuname. Beiname und beigenannt heben hervor, daß jemand ein Name, der zu seinem wirklichen Namen gewöhnlich noch hinzugefügt wird, von andern beigelegt worden ist, entweder um ihn zu charakterisieren, zu ehren, zu verspotten oder von anderen gleichen Namens zu unterscheiden. Wenn in einem Dorfe eine große Zahl von Bauern oder Handwerkern gleichen Namens wohnten, so wurden diese nach der Lage ihres Gutes, nach ihrem Handwerke, nach Körpereigenschaften unterschieden und erhielten dementsprechende Beinamen; z. B. Hans am Teiche, Hans an der Mauer, Hans an der Wiese; Hans der Müller, Hans der Schneider; Hans der Kleine, der Lange, der Dicke usw. Ähnlich verfuhr man mit Fürsten gleichen Namens und mit anderen hervorragenden Personen, wobei man besonders deren Taten rühmen oder tadeln wollte, z. B. Friedrich der Große, Friedrich der Weise; Ludwig der Faule, Iwan der Grausame usw. Beigenannt hebt nur hervor, daß ein solcher Beiname eine allgemeine, feststehende Bezeichnung geworden ist. Beigenannt ist eine Bildung, die erst der jüngsten neuhochdeutschen Sprachperiode angehört; in der älteren Zeit sagte man: mit Beinamen. Daher ist die ältere Wendung auch heute noch die edlere und gewähltere. — Zuname und zugenannt dagegen hebt hervor, daß bei jemand zu seinem wirklichen Namen noch ein anderer hinzugetreten ist, ohne das Beilegen durch andere zu betonen. Zuname und zugenannt heben also nur die Tatsache als solche hervor, während Beiname und beigenannt die Absicht betonen, die der Beilegende verfolgt hat. Daher kommt es, daß Zuname auch die einfache Bedeutung des zu dem Vornamen hinzutretenden Familiennamens erhalten hat während Beiname häufig auch soviel wie Spitzname bedeuten kann. Beiname kann aber niemals die Bedeutung des Familiennamens annehmen, und Zuname kann niemals die Bedeutung des Spitznamens haben. Wenn jemand Hans Wagner heißt, so ist Hans der Vorname, Wagner der Zuname. Hat nun ein solcher Hans Wagner im Volke noch einen ihn verspottenden Beinamen, z. B. das Appetitswürstchen (von seiner sauberen, rundlichen Gestalt) oder der Kreisphysikus (von seinen krummen Säbelbeinen, so daß es scheint, als ob seine Füße einen Kreis beschreiben) usw., so ist dies ein Spitz- oder Stichelname. Die Bezeichnung Spitzname erklärt sich daraus, daß man Spott- und Stichelreden auch als spitze oder spitzige Worte oder Redensarten bezeichnet. Der Spitzname wird mundartlich auch Ekelname genannt, in Norddeutschland auch in Schrift- und Umgangssprache. Ekelname geht (mit Anlehnung an Ekel) zurück auf das im älteren Niederdeutschen übliche Okel- oder Ökelname, das von dem niederdeutschen Zeitworte oken, vermehren (lat. augere), altsächs. okian, altnord. auka, got. aukan, mehren, herkommt. Ekelname, das jetzt lediglich einen Schimpf- oder Spottnamen bezeichnet, bedeutet also ursprünglich nur den Beinamen, um den der eigentliche Name vermehrt wurde. Auch Goethe spricht im 18. Buche von Dichtung und Wahrheit von „Schimpf- und Ekelnamen“. Zuname und zugenannt können aber auch von dem Beinamen schlechthin gebraucht werden, z.B. Friedrich, mit Zunamen oder zugenannt der Große; sie heben dann aber nur die einlache Tatsache hervor, während die Wendung: Friedrich, mit Beinamen oder beigenannt der Große, auf die absichtliche, hier ehrende Beilegung dieses Namens hindeutet.
Namens, geheißen und genannt beziehen sich zunächst nicht auf einen Bei- oder Zunamen, sondern bezeichnen den wirklichen Namen, z. B. ein Mann namens Wagner oder Wagner genannt, geheißen. Namens kann nur in dieser Bedeutung stehen, während genannt und geheißen auch als kurze, einfache Ausdrücke für bei-und zugenannt, also als die einfachen Verben für die Zusammensetzung stehen können. Wenn ich schreibe: Friedrich, beigenannt der Große, so hat dies den Charakter einer papierenen oder steifleinenen Ausdrucksweise, während Wendungen wie Friedrich, der Große genannt oder geheißen, die Ausdrucksweise natürlicher und gewandter machen. Der üblichste Ausdruck ist genannt, während geheißen dem Ausdrucke eine größere Schwere und Fülle verleiht, auch zugleich eine dem poetischen Ausdruck sich nähernde Volkstümlichkeit, weil heißen für nennen der Mundart angehört. In dem bekannten Soldatenliede: „Die Schlacht von St. Privat“ kommt die Stelle vor: „Unser Hauptmann durt in Dräsen (Dresden) tat er uns nor Uchsen heeßen (d. i. nennen).“ Namens kann in diesem Sinne nicht stehen, hat dafür aber außer der Bedeutung „mit Namen“ noch den Sinn: „im Namen jemandes“, eine Bedeutung, die die übrigen Ausdrücke nicht annehmen können, z. B. Ich lade dich zu diesem Feste namens meines Bruders ein. Doch kann namens in dieser Bedeutung nicht im feierlichen Sinne stehen, wenn es sich um die Vertretung Gottes oder einer hohen Person handelt; dann muß stets „im Namen“ stehen, z. B. Im Namen Gottes, des Höchsten, im Namen des Königs; doch kann man sagen: namens der Regierung, der Behörde usw., weil da das Persönliche zurücktritt.