Klang. (Musik) Die Betrachtung des Ursprunges und der wahren Beschaffenheit des Klanges, erkläret so manchen Punkt in der Musik und gibt verschiedene so wichtige Folgerungen für die Kenntnis der Harmonie, dass sie hier nicht kann übergangen werden.
Der Klang ist ein anhaltender steter Schall, der von dem bloßen Laut, dadurch unterschieden ist, dass dieser nur einzelne abgesetzte Schläge hören lässt, wie die Schläge eines Hammers; da der Klang anhaltend ist. Wie sich das Herunterfallen einzelner Tropfen, sie folgen schneller oder langsamer auf einander, zu dem steten Rinnen eines Wasserstrales verhält, so verhält sich der bloße Schall oder Laut, der aus einzelnen Gehörtropfen besteht, zu dem Klang, der ein ununterbrochenes Fließen des Schalles ist. Die Naturkündiger sagen uns, dass auch der Klang, ob er gleich uns als anhaltend vorkommt, aus wiederholten einzeln und wirklich abgesetzten Schlägen bestehe, die aber so schnell auf einander folgen, dass wir den Zwischenraum der Zeit von einem zum anderen nicht mehr empfinden, sondern sie in einen steten Ton zusammen hängen; das Ohr zeigt sich hierbei, wie das Auge in ähnlichem Fall. Wenn man in der Dunkelheit eine glühende Kohle schnell wegwirft, so scheint uns der Weg den sie nimmt, ein steter feuriger Strich oder eine glühende Schnur zu sein, ob wir gleich jeden Au genblick nur einen glühenden Punkt dieser Linie sehen.
Diese Bemerkung über die wahre Beschaffenheit des Schalles ist der Grund zur wissenschaftlichen Betrachtung des Klanges und der Harmonie. Besonders wissen wir daher, worin der Unterschied zwischen hohen und tiefen Tönen bestehe, welches die Gelegenheit gibt, die Töne in Ansehung ihrer Höhe gegen einander zu berechnen. Nämlich –
Je schneller die einzelnen Schläge, aus denen der Klang besteht auf einander folgen, je höher scheint uns der Ton zu sein. Es lässt sich mathematisch beweisen, dass zwei Töne um das Intervall einer Oktave von einander abstehen, wenn die Schläge, des einen noch einmal so geschwind auf einander folgen als die Schläge des anderen; und so kann jedes Intervall durch das Verhältnis der Geschwindigkeit der Schläge in Zahlen ausgedruckt werden.
Man hat auf diese Art gefunden, dass der Tiefste in der Musik noch brauchbare Ton, der noch um zwei Oktaven tiefer ist als das sogenannte große C, in einer Sekunde 30 Schläge an das Ohr tut; der höchste brauchbare Ton aber oder das viergestrichene c, in gleicher Zeit 3760.1 Wenn das erwähnte unterste C. 30 Schläge in einer Sekunde tut, so tut seine Oktave, 60 Schläge in derselben Zeit. Darum kann man sagen, der Unisonus verhalte sich zur Oktave, wie 30 zu 60 oder wie 1 zu 2. Also druckt das Verhältnis 1:2 die Oktaven aus; und auf eine ähnliche Art das Verhältnis 2:3. die Quinte; weil von zwei Tönen, deren Intervall eine reine Quinte macht, der tiefere zwei Schläge tut, da der höhere drei macht.
Dadurch wird nun der Ausdruck aller Intervalle durch Zahlen, so wie er durch dieses Werk überall gebraucht worden ist,2 verständlich. Einige Tonlehrer drücken die Verhältnisse durch die Länge der Saiten aus. Beides kommt auf dieselben Zahlen heraus. Denn es ist erwiesen, dass bei klingenden Saiten die Anzahl der Schläge in dem umgekehrten Verhältnis der Länge der Saiten erfolgt;3 (wenn nämlich die Saiten sonst gleich und gleich stark gespannt sind,) so dass eine noch einmal so viel Schläge tut als eine andere, wenn diese noch einmal so lang ist. Daher kann man die Intervalle auch durch die Länge der Saiten ausdrücken; in welchem Fall dieselben Zahlen nur umgekehrt werden. Also müsste nach dieser Art das Verhältnis der Oktave durch 2:1, der Quinte durch 3:2 ausgedrückt werden. Dieses sei von der Höhe und und Tiefe des Klanges gesagt.
Aus der wahren Beschaffenheit des Klanges hat man auch entdeckt, woher die Reinheit eines Tones entsteht; man hat gefunden, dass der Ton rein ist, dessen Schläge durchaus gleich geschwind sind und sich durch Punkte vorstellen lassen, die alle gleich weit von einander abstehen ....., da der unreine, unmusika lische Ton aus Schlägen besteht, die unordentlich auf einander folgen, wie Punkte die bald weiter bald enger stünden. Auch hat man gefunden, dass dieses Unreine des Tones, bei Saiten daher kommt, dass die Saiten bisweilen an einigen Stellen dicker oder dünner sind als an anderen.
Noch wichtiger als dieses, ist die Entdekung der wahren Ursache der Annehmlichkeit eines reinen Klanges, auf welche die angezeigte Theorie des Klanges geführt hat. Wir wollen diese wichtige Sache so genau als möglich ist, entwickeln. Wenn wir, wie in den vorhergehenden Anmerkungen geschehen ist, jeden steten, aus nicht zuunterscheidenden Schlägen bestehenden Schall, einen Klang nennen wollen, so gibt es unangenehme und zur Musik völlig unbrauchbare Klänge, die mehr schnatternde oder klappernde als singende Töne bilden. So ist das Rasseln der Räder an einem sehr schnell gehenden Wagen. Es besteht auch aus einzeln Schlägen, die in einander fliessen; aber es verdient den Namen des Klanges nicht; ist auch dem Gehör nicht angenehm. Aber jeder Klang einer reinen Saite, einer reinen Gloke, er falle auf welche Höhe er wolle, wenn er nur nicht ganz über oder unter unseren Gehörkreis liegt, ist angenehm: dessen wird kein Mensch in Abrede sein. Da nun beides, das Rasseln eines Rads und das Klingen einer reinen Saite, aus schnell und allenfalls in glei chen Zeitpunkten wiederhohlten, in einander fliessenden einzeln Schlägen besteht, woher kommt es, dass dieser angenehm ist?
Die Entdekungen, die man über die Beschaffenheit der klingenden Saiten gemacht hat, haben auch die Auflösung dieser Frag an die Hand gegeben oder doch bestätiget. Denn noch ehe man die Bewegungen einer klingenden Saite zu berechnen wußte und schon vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts, ist die Beobachtung bekannt worden, dass ein reiner etwas tiefer Ton einer Saite, einem geübten Gehör, außer dem Unisonus oder Grundton, auch dessen Oktave, dessen Duodecime, auch wohl gar die zweite Oktave und deren große Terz hören lasse. Eine wichtige Entdekung, wozu aber bloß ein feines Gehör erfordert wurde. Um dieses jedem Leser deutlich zu machen, wollen wir also setzen, man schlage eine wohl gespannte und reine Saite an, die den Ton C angebe; wer nun ein feines Gehör hat, vernimmt diesen Ton C so, dass ihn dünkt er höre zugleich, wiewohl in geringer Stärke, die Töne c, g, c– e folglich ein Gemenge oder einen Akkord verschiedener und zwar konsonierender Töne. Hieraus lässt sich schon begreifen, warum ein solcher Ton voller, mehrklingend und angenehmer ist als wenn der Ton C ganz allein vernommen würde; jeder Ton ist ein Akkord: dadurch hört der Klang auf ein bloßes Klappern zu sein. Diejenigen, welche die Bewegung oder die Schwingungen der klingenden Saite mathematisch untersucht haben, worin der Engländer Taylor zuerst glücklich gewesen ist, haben gefunden, dass eine etwas lange Saite, wenn sie gestrichen oder gezupft wird, zwar nach ihrer ganzen Länge schnell hin und her geschwungen wird, ( welches Schwingen das Gefühl ihres Tones erweckt) zugleich aber die hälfte, der dritte, der vierte, der fünfte und alle folgende Teile der ganzen Länge der Saite, jeder für sich noch besondere Schwingungen machen. Einigermaßen lässt sich dieses mit Augen sehen. An dem Holfeldischen Bogenflügel4 hab ich die besonderen Schwingungen der Teile der tiefsten Basssayten gar oft und sehr deutlich gesehen. Man stelle sich, um dieses deutlich zu fassen vor, A B sei eine Saite, deren Ton eine Oktave tiefer ist als unser C. Indem sie gestrichen wird und also hin und herschwinget, so dass sie wechselsweise in die Lage A a B und A b B kommt, so teilt sie sich zugleich in mehrere Teile, wie A C, C B, A g, g D, D B u. s. f. und jeder Teil macht für sich wieder besondere Schwingungen und nimmt die Lagen an, die durch Punkte bezeichnet werden. Dieses ist die wahre Ursache, warum man in einem Klang viel Töne hört. Die Schwingungen der ganzen Saite erwecken das Gefühl ihres Grundtons, den wir nach verhältnismäßiger Zahl seiner Schwingungen 1 nennen wollen. Die Hälfte der Saite, macht ihre besondere Schwingungen, A c C, A e C, C f B, C d B, in halber Zeit und erweckt das Gefühl des Tones 2; der dritte, vierte, fünfte, sechste und folgende Teile, der ganzen Saite machen, jeder wider seine Schwingungen und erwecken das Gefühl der Töne 3, 4, 5, 6 u.s.w. Man stelle sich also viel gleichgespannte und gleichdike Saiten vor, die in Ansehung der Länge sich verhalten, wie folgende Zahlen: 1, 1/2, 1/3, 1/4, 1/5, 1/6, 1/7, 1/8, 1/9 u.s.w. so ist, nach der vorhererklärten Bemerkung, der Klang der Saite 1 aus den Klängen aller übrigen Saiten zusammengesetzt und ein feines Ohr unterscheidet wenigstens die vier oder fünf ersten, mit ziemlicher Deutlichkeit. In dem Artikel Konsonanz sind diese in einem Klang enthaltene Töne, auf dem Notensystem vorgestellt. Merkwürdig ist es, dass diese harmonischen Töne, gerade die sind, welche die Trompete, in der Ordnung, wie sie hier stehen, angibt, erst den Einklang 1. denn die Oktave 1/2, denn die Duodecime 1/3 u.s.w.
Wenn wir nun dieses voraussetzen, so lässt sich begreifen, warum der Klang der Saiten, besonders der Basssayten, etwas so volles, das Gehör so vergnügendes hat. Denn man hört vieles zugleich und dieses viele fließt so vollkommen in einander als wenn es nur eines wäre und hat also eine schöne Harmonie.
Es lässt sich aus dieser wichtigen Entdekung ungemein viel nützliches für die Musik herleiten, wovon bereits in dem vorhergehenden,5 verschiedenes vorkommt. Ein neuerer französischer Schriftsteller Jamard hat einen nicht ganz mißgeratenen Versuch gemacht, fast gar alle Grundsätze der Harmonie, des Gesangs und des Takts daraus herzuleiten, welches man mit Vergnügen lesen wird.6 Sein Versuch verdient weit mehr Beifall als der den Rameau, aus der noch unvollkommenen Kenntnis dieser Sache gemacht hat; wovon er und seine meisten Landsmänner, ein gar zu unbescheidenes Rühmen gemacht haben.
Etwas seltsam ist es, dass unser Tonsystem einige der vorhererwähnten harmonischen Töne einzeln ausgeschlossen hat als den Ton 1/7, 1/11 und andre. Der erwähnte französische Schriftsteller, dringt sehr darauf, dass man sie einführe und in Deutschland hat vor ihm Hr. Kirnberger angetragen, wenigstens den Ton 1/7, der in unserem System zwischen A und B fallen würde, wie auch Tartini will, anzunehmen.7 Über die Bedeutung des Wortes Klang, merken wir noch an, dass der Schall, insofern er anhaltend und wohlklingend ist, mit dem Worte Klang, der Klang aber, insofern er hoch oder tief ist, mit dem Worte Ton bezeichnet wird. Man sagt nie, ein hoher oder tiefer Klang, sondern Ton. In Ansehung der Reinheit, sagt man zwar von einer einzelnen Saite, sie habe einen reinen Ton (besser Klang) aber von einem Instrument überhaupt, einer Violin oder einen Klavier, sie habe einen guten Klang.
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1 S. Euleri Tentamen Novae theoriae Musicae c. I. §. 13.
2 Man sehe besondèrs die Art. Konsonanz; Dissonanz; Intervall.
3 S. Art. Monochord.
4 S. Fantasien.
5 Man sehe die Artikel, Bass; Konsonanz; Fuge; Harmonie u.a.m.
6 Recherches snrlatheorie de la Musique par Mr. Jamard à Paris et à Rouen 1769. 80.
7 S. System.