Kröpfung. (Baukunst) Wird auch Verkröpfung genannt. Dadurch bezeichnet man in der Baukunst die Brechung eines sonst gerade laufenden Gliedes, wodurch ein Teil desselben weiter hervorsteht als die übrigen und folglich eine Art des Kropfes macht. Man sieht an neueren Gebäuden nur gar zu oft Beispiele hiervon. Es gibt zu viel Baumeister, die Wandsäulen anbringen, welche halb oder noch weiter, aus der Mauer heraustreten, da das Gebälk über die Säulen so angelegt ist, dass der Unterbalken über die Mauer gar nicht ausläuft. Weil auf diese Weise die Säulen gar nichts zu tragen hätten, so kröpfen sie das ganze Gebälk über den Säulen und begehen dadurch einen der ungereimtesten Fehler, die man in der Baukunst begehen kann. Denn was ist ungereimteres als Säulen anzubringen, die nichts tragen? oder das, was seiner Natur nach gerade gestreckt sein sollte, wie ein Balken, zu kröpfen? nur damit es scheine, dass die unnützen Säulen etwas zu tragen haben. Die alten Baumeister aus der guten Zeit, waren weit entfernt, solche Ungereimtheiten zu begehen. Man trift keine Kröpfungen bei ihnen an. Aber die römischen Baumeister unter den Kaisern haben sie schon eingeführt, wie an den Triumphbogen einiger Kaiser zu sehen ist und von diesen schlechten Mustern sind die Verkröpfungen in der neuen Baukunst beibehalten worden.
Sie sind nicht nur, wie schon angemerkt worden, völlig ungereimt und den wesentlichsten Regeln entgegen, sondern geben auch den Gebäuden ein sehr überladenes gothisches oder vielmehr arabisches Ansehen; weil das Auge nicht gerade über ein Gebälk weglaufen kann, sondern alle Augenblicke an Ecken anstößt.
Das große Portal an dem Königlichen Schloß in Berlin, das eine Nachahmung des Triumphbogens des Kaisers Sept. Severus ist und noch mehr die sonst prächtige Fassade gegen den zweiten Hof, wo die Haupttreppe des Schlosses ist, sind durch Verkröpfungen gänzlich verdorben. Es lässt sich nicht begreifen, wie es kommt, dass man diese Wirkung eines verdorbenen Geschmacks nicht schon längst gehemmt hat.