Abgüsse

Abgüsse. (Bildende Künste) Man hat zum großen Vorteil der Kunst, Mittel erfunden, Werke der bildenden Künste durch das Aufgießen einer flüssigen sich hernach verhärtenden Materie in vollkommener Gleichheit der Originale abzuformen. Dergleichen abgeformte Werke werden Abgüsse genannt. Man hat sie in Gips, in Blei, in Schwefel und in Wachs. Gips ist die gemeinste Materie dazu, weil sie am wenigsten kostet und kalt kann abgegossen werden.

Man verfährt überhaupt dabei folgendermaßen. Das Original, oder ein Teil desselben wird mit einer der bemeldten flüssigen Materien übergossen, die man darauf verhärten lässt. Alsdann nimmt man sie sorgfältig ab und bekommt dadurch das, was im Original vertieft ist, erhoben, und das erhobene vertieft. Dieser erste Abguss wird die Form genannt. Macht man in diese Form wieder einen Abguss, so wird dieser in Absicht der Bildung dem Original vollkommen gleich, und er ist der eigentliche Abguss.

Es ist leicht zu begreifen, dass ganze Körper nicht auf einmal können abgeformt werden, weil sie, da die Form sie ganz umgeben würde, nicht könnten herausgenommen werden. Man hat deswegen eine Methode erdacht, sie Stückweise abzuformen und die Stücke der Formen wieder zusammen zu setzen. Das mechanische Verfahren dabei und die nötige Handgriffe zu beschreiben, würde hier zu weitläufig, auch zum Teil unnütze sein. Man findet in allen beträchtlichen Städten Italiener die Gipsbilder verkaufen, von denen man dieses lernen kann. Eine Beschreibung des ganzen Verfahrens findet man in Felibiens Grundsätzen der Baukunst.

Diese Abgüsse und die Abdrücke, davon vorher gehandelt worden, leisten den bildenden Künsten den Dienst, welchen die Gelehrsamkeit von der Buchdruckerei hat: beide vervielfältigen auf eine leichte Art die Werke der größten Meister. Der Gelehrte kann mit mäßigen Unkosten die wichtigsten Werke der Gelehrsamkeit in sein Kabinett, und der Künstler eben so, das vornehmste der bildenden Künste in seine Werkstelle zusammen bringen. Durch die Abgüsse werden die Schranken in welchem die vornehmsten Werke bildender Künste eingeschlossen gewesen, weggerückt, und Rom kann dadurch in allen Ländern zugleich sein.

Nichts würde zur Ausbreitung der Kunst vorteilhafter sein, als wenn die Besitzer der besten Originalwerke die Verfertigung der Abgüsse beförderten, oder auch nur erleichterten. Jede Akademie der zeichnenden Künste sollte eine vollständige Sammlung der besten Antiken haben, und würde sie auch haben, wenn nicht die Abformung so oft gehindert würde. Ludwig der XIV. hatte das unermessliche Ansehen, worin er sich durch seine Macht gesetzt hatte, bei nahe ganz nötig, um für seine Akademie die Abgüsse der vornehmsten Antiken, die in Rom sind, zu erhalten, und Friedrich der I. in Preußen musste beträchtliche Summen verwenden, um nur einige der vornehmsten Antiken für die Malerakademie in Berlin abformen zu lassen, welche doch hernach durch einen unglücklichen Brand verloren gegangen.

Abgüsse von kleinen Werken, von geschnittenen Steinen und Münzen, sind leichter zu haben. Viele Besitzer der Originale haben sich ein Vergnügen daraus gemacht sie dazu herzugeben und der unermüdete Fleiß einiger Liebhaber, nebst der Begierde zu gewinnen, verschiedener Kunsthändler, haben solche Abgüsse ungemein vermehrt. Man kann jetzt in Italien um eine mäßige Summe Geldes viele tausend Schwefelabgüsse von geschnittenen Steinen haben. Es wäre unbillig wenn wir hier nicht der ruhmwürdigen Bemühungen des verdienstvollen Lipperts, in Dresden gedächten. Dieser rechtschaffene Mann hat mit bewunderungswürdiger Arbeitsamkeit eine beinahe unzählige Menge Abdrücke von Antiken Steinen und Münzen aus allen Kabinetten von Europa zusammen gebracht. Durch die glückliche Erfindung einer Masse, welche sowohl dem Gips, als dem Schwefel, weit vorzuziehen ist, hat er sich in Stand gesetzt jedem Liebhaber, der es verlangt, seine Sammlung, oder eine Auswahl derselben, um eine mäßige Summe mitzuteilen. Mit dem Geschmack des feinsten Kenners hat er aus seiner Sammlung über Zweitausend der schönsten Stücke ausgesucht, sie in eine vortreffliche Ordnung gebracht und in Europa ausgebreitet: so dass man sie jetzt mit der Leichtigkeit haben kann, mit welcher man Bücher aus anderen Ländern kommen lässt. Es ist zu wünschen, dass Herr Lippert eine ähnliche Sammlung antiker Münzen verfertigen und eben so ausbreiten möchte.


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