Beleuchtung. (Zeichnende Künste) Der Zufluss des Lichts, wodurch eine Sache sichtbar wird. In der Natur kann ein Gegenstand durch das Licht auf gar vielerlei Art beleuchtet werden und nach jeder Art tut er seine besondere Wirkung auf das Auge. Durch die Art der Beleuchtung kann eine Landschaft mehr oder weniger Schönheit bekommen, nachdem sie entweder im Ganzen oder in Teilen mehr oder weniger Klarheit erhält. Oft ist die Wirkung von verschiedenen Arten der Beleuchtung so sehr verschieden, dass man sich kaum bereden kann, dieselbe Sache zu sehen; da bloß das Licht sie so angenehm oder so gleichgültig macht.
Es würde ein vergebliches Unternehmen sein, die Wirkungen der verschiedenen Beleuchtung eines Gegenstandes ausführlich beschreiben zu wollen. Die Absicht dieses Artikels geht bloß dahin, die angehenden Künstler zu einer genauen Aufmerksamkeit auf diese Sache zu bringen. Denn die Kenntnis derselben ist ein wichtiger Teil der Kunst des Malers.
Über diese verschiedenen Wirkungen kann man sich am besten unterrichten, wenn man einerlei Gegenstand unter vielerlei verschiedenen Beleuchtungen oft betrachtet. Wenn z. B. eine Gegend bei sehr heller und bei trüber Luft, bei starkem Sonnenschein und gemäßigtem Tageslicht, bei hoch und niedrig ste hender Sonne, bei vorwärts, seitwärts und rückwärts einfallendem Lichte betrachtet wird.
Bei jedem dieser veränderten Umstände sieht man ein anderes Gemälde. Was nun vorzüglich in jedem dieser Gemälde gefällt oder mißfällt, wo irgend eine vorteilhafte oder schlechte Wirkung der Beleuchtung sich offenbart, da erforsche der Maler die Ursache derselben. Es wäre eine höchst wichtige Übung für ihn, denselbigen Gegenstand unter gar vielerlei Arten der Beleuchtung zu zeichnen und zu schattieren, diese Zeichnungen fleißig gegen einander zu halten und so lange daran zu studieren, bis jede geringste Verschiedenheit derselben nach ihren Ursachen und Wirkungen ihm völlig bekannt würde. Nur dadurch kann er eine vollkommene Kenntnis der Beleuchtung erlangen. Die Kunst würde höher getrieben sein als sie wirklich ist, wenn die, welche sie ausüben, den gehörigen Fleis zu Erforschung ihrer Geheimnisse anwendeten.
Diesem Studieren in der Natur kann man auch durch künstliche Veranstaltungen zu Hilfe kommen. Sehr vorteilhaft wäre es für eine Malerakademie in dieser besonderen Absicht, wenn dieselbe eine kleine Schaubühne hätte, auf welcher verschiedene Modele durch leichte Veranstaltungen jeder Art der Beleuchtung ausgesetzt werden könnten. Die Lichter müssten bald in der Höhe, bald in der Tiefe, bald gerade von vor nen, bald von den Seiten stehn. Der hintere Grund könnte durch Vorhänge von verschiedener Helligkeit und verschiedenen Farben gemacht werden.
Zum wenigsten ist jedem Maler zu raten, dass er dergleichen Veranstaltungen in seinem Arbeitszimmer mache. Dieses müsste so liegen, dass er die Sonne und das Tageslicht von allen möglichen Seiten und aus jeder Höhe bekommen könnte. Jedes Fenster aber müsste nach Gefallen eröffnet und verschlossen werden können. Die Wand, vor welcher die Gegenstände liegen, müsste man mit verschiedenen Tüchern behängen können. Auf diese Weise würde jede Art der Beleuchtung auf das genaueste erkennt werden.
Ohne dergleichen Veranstaltungen wird der Maler schwerlich zu der Einsicht über die Beleuchtung kommen, die zur Erreichung der vollkommenen natürlichen Darstellung der Sache erfordert wird.