Bass. (Musik) Durch dieses Wort bezeichnet man überhaupt den Umfang der tiefsten Stimme eines Tonstücks; denn das Wort kommt von dem italienischen basso, tief, her: insbesondre aber wird diese Benennung demjenigen Teil eines Tonstücks gegeben, welcher die Reihe der tiefsten Töne enthält, gegen welche die höhern als dazu gehörige Intervalle abgemessen werden. Um dieses recht zu verstehen, ist zu bemerken, dass jedes Tonstück aus einer oder aus mehr zugleich singenden oder spielenden Stimmen oder Partien bestehe. Die Partie, welche nur die tiefsten Töne der menschlichen Stimme hervorbringt, wird der Bass genannt; es sei dass sie allein den Gesang führt, oder dass noch mehrere Stimmen zugleich singen. Ein solcher aus den tiefsten Tönen bestehender Gesang wird ein singender Bass genannt. Der Name Bass aber wird auch, und gemeiniglich, der Partie gegeben, die, ohne einen wirklichen Gesang zu führen, diejenigen tiefen Töne angibt, mit denen der aus höheren Tönen bestehende Gesang eine Harmonie macht. Ein solcher Bass also ist der Grund der Harmonie: die Töne, die er angibt, füllen als die tiefsten Töne das Ohr also, dass es die höhern Töne, die den eigentlichen Gesang ausmachen, damit als mit dem Grund, worauf sie gebaut sind, oder als mit der Quelle, woraus sie entspringen, vergleicht, woraus eigentlich das Gefühl der Harmonie entsteht.
Es ist an einem anderen Ort angemerkt worden [s. Harmonie], dass wenn eine Saite oder Pfeife in derjenigen Tiefe, welche die Basstöne haben, erklingt, selbige zugleich viel andere Töne von verschiedener Höhe vernehmen lasse, davon der tiefste um eine Oktave höher ist, als der Haupt- oder Grundton der Saite. Wenn man den Grundton durch 1 vorstellt oder die Länge der Saite, die ihn hervorbringt, 1 nennt, so sind die anderen höhern Töne, die man zugleich hört, 1/2, 1/3, 1/4, 1/5, u. s. f. Nun ist bekannt, dass der Klang der tiefsten Töne am längsten anhält, die höhern aber bald verschwinden. Indem also der Ton 1 fortklingt, kann man verschiedene höhere Töne nach einander anschlagen, wodurch ein Gesang gebildet wird, der ohne Absicht auf den Charakter seiner Melodie, mit dem Grundtone, der das Ohr erfüllt hat, harmoniert. Dadurch bekommt also der Gesang seine harmonischen Annehmlichkeiten. Hieraus lässt sich so wohl der Ursprung des Basses, als seine Wirkung in dem Tonstücke begreifen. Indem nämlich die hohen Stimmen einen melodischen Gesang führen, schlägt der Bass die tiefen Töne an, aus deren Harmonie die obern singenden Töne genommen sind, und dadurch bekommt der Gesang eine neue Kraft, so wohl zur Annehmlichkeit, als zum guten Ausdruck.
Ein solcher Bass, der eigentlich keinen Gesang, sondern bloß die Harmonie führt, wird jetzt als eine jedem Tonstück wesentliche Partie angesehen; und dadurch scheint die Musik der neueren Zeiten sich hauptsächlich von der Musik der Alten, die diesen Bass allem Ansehen nach nicht gekannt haben, zu unterscheiden. Wer sich also von der Beschaffenheit der neueren Musik einen rechten Begriff machen will, muss sich vorstellen, dass eine Reihe tiefer Töne in einer Folge hintereinander mit Nachdruck angeschlagen werden, und dass während der Zeit, da jeder dieser Töne das Ohr beschäftigt, von einer oder mehreren oberen Stimmen verschiedene andere Töne, die mit den tiefen eine harmonische Verbindung haben, einen Teil des Gesanges fortführen. Das Gehör ist demnach beständig mit zwei Gegenständen beschäftigt, nämlich mit der Folge der tiefen Basstöne; und mit der Folge der höheren, den Gesang bildenden Töne, die mit den tiefern verschiedentlich harmonieren und zugleich durch ihren besonderen Gang den Gesang ausmachen.
Die beschriebene Reihe der tiefsten Töne des Tonstücks wird der begleitende Bass genannt, weil er die oberen Stimmen immer begleitet und gleichsam zum Maße der Harmonie dient: der singende Bass hingegen ist ein Gesang, dessen Töne in dem Umfange der tiefsten Menschenstimme liegen. Er hat eine ordentliche Melodie, die der begleitende Bass nicht hat: doch kann er auch bei seiner Melodie zugleich die Stelle des begleitenden Basses vertreten.
Es erhellt sich hieraus, dass in der heutigen Musik der Bass die wichtigste Partie sei, welcher alle Stimmen untergeordnet sind: eigentlich entstehen sie aus dem Basse; weil der Gesang keinen Hauptton angeben kann, der nicht in der Harmonie des Basses gegründet ist. Wenn der Tonsetzer die Folge der Basstöne gut gewählt und die Töne der obern Stimmen regelmäßig daraus hergeleitet hat, so ist sein Satz rein. Ohne Bass kann zwar ein Gesang auch viel Schönheit haben; aber durch ihn wird er erst vollkommen, weil sodann die Harmonie noch zum guten Ausdruck des Gesangs hinzukommt.
Der Abstand des Basses von den obern Stimmen verdient genau überlegt zu werden. Die Erfahrung, dass mit dem Ton 1 zugleich die Töne, 1/2, 1/3 u. s. f. klingen, zeigt offenbar, dass die singenden Stimmen dem begleitenden Bass niemals näher als eine Oktave kommen sollen, weil sonst notwendig die Harmonie gestört wird. Wenn man z. B. im Basse die große Terz und die Quinte des Grundtons noch hinzusetzen wollte, so würde jeder von diesen, so wie der Grundton selbst, noch seine Terz und seine Quinte vernehmlich hören lassen; daher würden, wie jeder berechnen kann, mit der Terz und Quinte des Grundtons sehr dissonierende Töne herauskommen und alle Harmonie würde zerstört werden. Je tiefer demnach die singenden oder konzertierenden Stimmen herunter gehen, je tiefer müssen auch alle Töne des begleitenden Basses genommen werden. Es ist daher ein ungereimter Fehler, wenn in Orgeln schon den tiefsten Stimmen auch ihre Quinten und Terzen zugefügt werden.
Hingegen muss der begleitende Bass auch nicht allzu sehr von den obern Stimmen entfernt sein, weil das Ohr ihre Verhältnisse nicht mehr genau genug fasst. Indem eine tiefe Saite klingt, vernimmt man nur ihre Oktave, deren Quinte und die große Terz der zweiten Oktave vernehmlich, das ist, zu dem Tone 1 die Töne 1/2, 1/3, 1/4, 1/5. alle übrigen 1/6, 1/7, 1/8 u. s. f. werden nicht mehr deutlich vernommen, ob sie gleich unfehlbar mit klingen. Wollte man also den Bass um 3 oder mehr Oktaven von den obern Stimmen entfernen, so würde man der Klarheit der Harmonie dadurch großen Schaden tun. Will man den Gesang bis auf die höchsten Töne gehen lassen, und dennoch einen tiefen Bass dazu nehmen, so müssen auch die dazwischen liegenden Oktaven ihre Stimmen haben, mit denen man die Harmonie des Höchsten vergleichen könne. Aus der angeführten Erfahrung folgt auch noch diese wichtige Regel für den Tonsetzer, dass die nächsten Stimmen am Basse in Ansehung der Harmonie weit sorgfältiger müssen behandelt werden, als die sehr entfernten. Denn die stärksten Dissonanzen sind in einer großen Entfernung vom Bass von geringer Wirkung, weil ihr Vergleich mit dem Bass schwer wird; da hingegen die leichteste Dissonanz, die nur eine Oktave über dem Bass liegt, sehr empfindlich ist.
Es lässt sich aus dem Angemerkten leicht abnehmen, dass die einfachsten Bässe die besten sind; dass ein begleitender Bass nur dann einer Auszierung fähig ist, wenn etwa die oberen Stimmen inne halten; dass die gehakten Bässe, wo jeder Grundton, anstatt anzuhalten, damit die oberen Stimmen ihre Wirkung gegen ihn tun können, oft angeschlagen wird, meistens von sehr schlechter Wirkung sein müssen; dass endlich der Bass allemal eine herrschende Stärke haben und nach Beschaffenheit der oberen Stimmen gut besetzt sein müsse; denn nichts schwächt die Musik mehr, als wenn der Bass durch die oberen Stimmen verdunkelt wird.
Singende Bässe sind in vielstimmigen Sachen eine überaus schwere Sache. Denn weil der Bass, um die Fehler gegen die Harmonie zu vermeiden, meistenteils steigen muss, wenn die obern Stimmen fallen, und so umgekehrt [s. Bewegung]; so kann man sehr leicht gegen den Ausdruck anstoßen. Von zwei Menschen, die einerlei Empfindung ausdrücken, muss der eine die Stimme erheben, wenn der andere sie sinken lässt. Also ist ein guter singender Bass allemal für ein Meisterstück zu halten.
Von dem, was der Spieler, der den begleitenden Bass führt, in Acht zu nehmen hat, wird im Artikel Begleitung gehandelt. Hierher gehört noch Verschiedenes, was in den Artikeln Generalbass, Besetzung, Grundbass, gebundener Bass, Konterbass angemerkt worden ist.