Begleitung. (Musik) Der Vortrag derjenigen Stimmen, welche die Hauptstimmen unterstützen, besonders des Generalbasses, der die ganze Harmonie, worauf das Tonstück beruht, anschlägt. Jedes Tonstück hat, nach der jetzigen Beschaffenheit der Musik, eine oder mehrere Hauptstimmen, die den eigentlichen Gesang oder die Melodie führen. Dieser werden allgemein noch andere Stimmen beigefügt, welche jene Hauptstimmen beständig durch harmonische Töne begleiten. Unter diesen begleitenden Stimmen ist der Bass die vorzüglichste; besonders der Generalbass, der außer den Grundtönen, worauf die ganze Harmonie beruht, auch noch die übrigen zur vollen Harmonie gehörigen Töne anschlägt, wie auf Orgeln, Klavieren und Harfen geschieht.
Durch die gute Begleitung erhält also ein Tonstück seine wahre Vollkommenheit; so wie es durch eine schlechte alle Schönheit verlieren kann. Der Tonsetzer schreibt jeder begleitenden Stimme alles, was ihr zukommt, vor; nur in dem Generalbass, wird bloß das Wesentlichste angezeigt, vieles aber der Überlegung des Spielers überlassen; weil es nicht möglich ist, ihm jeden Ton zur Harmonie vorzuschreiben, ohne seine ganze Partie zu verwirren.
Was der Tonsetzer in Absicht auf die begleitenden Stimmen bei dem Satze selbst zu beobachten hat, ge hört nicht hierher und ist an den Orten, wo die Regeln des Satzes entwickelt worden sind, zu finden. Die Rede ist hier bloß von dem, was diejenigen zu beobachten haben, welchen die begleitenden Stimmen zur Ausführung aufgetragen sind. Diesen sind (den Generalbassisten ausgenommen) alle Töne, die sie zu spielen haben, genau vorgeschrieben; also kommt es bei ihrer Begleitung bloß auf eine wohl überlegte Ausführung des vorgeschriebenen an.
Aber auch dazu wird so viel Geschmack und Überlegung erfordert, dass der vollkommene Begleiter allemal den Namen eines Virtuosen verdient. Er muss die Natur und in jedem Falle die besondere Beschaffenheit des Instruments oder der Stimme, welche die Hauptpartie hat, vollkommen kennen; denn danach muss er sein Instrument zu stimmen und jeden Ton auf demselben zu temperiren, auch jede Note in der erfoderlichen Stärke anzugeben wissen.
Des Takts muss er so vollkommen Meister sein, dass er sich mit der größten Leichtigkeit allezeit nach der Hauptstimme richtet, auch da, wo diese etwa fehlt; weil durch kluges Nachgeben der begleitenden Stimmen die Fehler selbst ziemlich bedeckt werden können.
Er muss so viel Geschmack haben, dass er jede Schönheit der Melodie fühlt und die Absichten des Setzers bei jeder Note erkennt; denn nur dann kann er beurteilen, was seine Töne eigentlich zur Schönheit des Ganzen beitragen und mit welchem Nachdruck oder welcher Leichtigkeit er jeden angeben soll, wo er die Töne der Hauptstimme zu unterstützen oder selbigen bloß zur Schattierung dienen soll.
Es ist ein großes Vorurteil, zu glauben, dass jeder gemeiner Spieler geschickt genug sei, eine begleitende Stimme zu führen. Aus dem angeführten ist offenbar, dass dazu Leute erfordert werden, die weit mehr verstehen müssen als Noten lesen und Noten treffen. Dennoch herrscht das berührte Vorurteil so sehr, dass eine gute Begleitung eine eben so seltene Sache ist als eine in allen Stücken vollkommene Komposition.
Ein vollkommner Begleiter ist vielleicht eine weit seltnere Sache als ein vollkommener Solospieler. Da man also nur selten voraus setzen kann, dass die Begleiter aus eigner Einsicht und aus Gefühl, was ihnen obliegt, in Acht nehmen, so ist wenigstens darauf zu dringen, dass sie vorsichtig genug werden, nichts zu verderben.
Davor können sie sich am sichersten verwahren, wenn sie sich genau an dem halten, was der Tonsetzer ihrer Partie vorgeschrieben hat; wenn sie nichts dazu tun und nichts davon weg lassen. Sie müssen sich dieses tief einprägen, dass sie mit ihren Stimmen weder herrschen, noch sich hervor tun, sondern der Hauptstimme dienen sollen. Sie tun am besten, sich aller Manieren, aller Zierraten zu enthalten, jede Note, so wie sie steht, richtig, mit gemäßigter Stärke und in der richtigsten Haltung, so anzugeben, dass man ihre Partie nicht besonders bemerkt, dass selbige sich hinter der Hauptstimme gleichsam versteckt.
Vorzüglich müssen sich die Bassisten der äußersten Reinheit, so wie der höchsten Einfalt, befleissen. Nichts wird unerträglicher als wenn ein Bassiste sich durch Zierraten zeigen will. Er löscht dadurch ganze Stellen der Melodie wie mit einem Schwamm aus: nicht zu gedenken, dass dem Bassisten das zierlich tun eben so ansteht als wenn ein alter Mann sich schminken oder mit Bändern behängen wollte.
Der Bass ist die wichtigste aller begleitenden Stimmen, denn jeder kleinste Fehler desselben verderbt viel und jede kleinste Schönheit erhebt die Hauptstimme; also ist im Basse nichts klein. Darum sollte er nur Spielern von dem feinsten Geschmack anvertrauet werden. Das gewisseste Zeichen, dass ein Kapellmeister den wahren Geschmack der Musik nicht habe, ist dieses, wenn er die Bässe schlechten Spielern anvertraut.
Wer die besonderen Regeln der Begleitung für alle Arten der Instrumente näher erforschen will, der kann in Quanzens Anweisung die Flöte zu spielen, den ganzen XVII. Abschnitt nachlesen.
Der begleitende Generalbass hat seine Schwierigkeiten. Man soll die vollständige Harmonie anschlagen. Diese kann der Spieler nicht anders als durch die vor sich habende Partitur oder durch die Bezifferung des Basses wissen. Hat er das erste, so ist es in geschwinden Sachen sehr schwer, alle Stimmen zu übersehen. Zu dieser Fertigkeit gelangen nur wenige; hat er einen bezifferten Bass vor sich, so macht ihn so wohl die Unvollkommenheit der üblichen Bezifferung, wovon in einem besonderen Artikel gesprochen worden als die anderen Schwierigkeiten, verwirrt. Wer die großen Schwierigkeiten dieser Sache einzusehen wünschet, der mag Bachs Werk von der Begleitung des Generalbasses nachsehen. Sich in die besonderen Regeln der Begleitung einzulassen, erforderte allein ein ganzes Buch. Sehr wichtig sind folgende allgemeine Regeln.
Weil der Generalbassist nur die Harmonie anzugeben hat, so muss er sich aller Zierraten, die nicht wesentlich zur Harmonie gehören, enthalten, und sich überhaupt allezeit der Einfalt befleißen.
Den Bass muss er schlechtweg anschlagen und weder Ausfüllungen dazu greifen, noch die Noten, die der Setzer vorgeschrieben hat, teilen. Sind ihm ganze oder halbe Noten vorgeschrieben, so muss er sie nicht in Viertel verwandeln. Daraus entstünde ein Klimpern, das der Majestät der Harmonie schaden und auch oft den Gesang verderben würde. Dass dem Bass keine ausfüllende Harmonie hinzu gefügt werden müsse, gibt die Natur bei Erzeugung der Harmonie selbst an die Hand, da sie zwischen dem Grundton 1 und seiner Oktave 1/2 keinen Ton angibt [s. Harmonie]. Es ist auch gar leicht zu sehen, dass Ausfüllungen in der Tiefe seltsam dissonierende Töne hervorbringen würden.
Wegen der oberen Stimmen hat der Begleiter darauf zu sehen, dass er die Hauptstimme in einer schicklichen Höhe begleite. Einen hohen Diskant soll er nicht in der Gegend des Alts, noch einen Alt in der Höhe einer Diskantstimme begleiten; sondern in jedem Fall sich in der Gegend der Hauptstimme aufhalten.
In Ansehung aller übrigen Regeln eines guten Vortrags ist jedem Liebhaber zu raten, dass er das 29. Kapitel des Bachischen Werks mit der genauesten Überlegung studiere [Carl Phil. Em. Bachs Versuch über die wahre Art, das Klavier zu spielen. II. Teil S. 242. u. f.].