Baukunst - Baukunst der Neuzeit
Aber in dem 15. Jahrhundert fing die Baukunst an, sich aus den alten Trümmern wieder empor zu heben; die Städte erholten sich von den barbarischen Zerrüttungen, welche durch die Staatsverwirrungen angerichtet worden waren. Bei dem häufigen Bauen, das nach der wieder hergestellten Ruhe unternommen wurde, fing man wieder an, auf die Schönheit zu sehen; man sah nun die alten Überbleibsel mit Nachdenken an und maß die Verhältnisse an denselben. Ein gewisser Ser Bruneleschi, der zu Anfange des 15. Jahrhunderts gelebt hat, war einer der ersten, die sich die Mühe gegeben, in Rom, mit dem Maßstab in der Hand, auf den Trümmern der alten Gebäude herum zu gehen. Von dieser Zeit an wurde die Aufmerksamkeit auf diese Muster immer größer, bis am Ende dieses und am Anfange des 16. Jahrhunderts Alberti, Serlio, Palladio, Mich. Angelo, Vignola und andere Männer erschienen, die sich außerordentliche Mühe gegeben, jede Regel zu entdecken, durch welche die Gebäude der Alten ihre Schönheit bekommen haben. Und so wurde die Baukunst wieder hergestellt.
Doch erschien sie nicht in ihrer ehemaligen Reinheit. Auch die späteren Gebäude des alten Roms, die schon viel Fehler hatten, besonders die diokletianischen Bäder, wurden zu Mustern genommen. Selbst die größten Baumeister, Palladio und Mich. Angelo, nahmen die Fehler des unter den Kaisern schon sinkenden Geschmacks unter ihre Regeln auf, und das Ansehen dieser großen Männer gab ihnen ein Gewicht, das sich bei vielen bis auf diesen Tag erhalten hat. Inzwischen breitete sich der gute Geschmack aus Italien nach und nach auch in die übrigen Länder von Europa aus. Gegenwärtig findet man von Russland bis nach Portugal und von Stockholm bis nach Rom, aber nur hier und da, Gebäude, die zwar nicht ganz untadelhaft, aber doch größtenteils in dem wahren Geschmack aufgeführt sind. Doch sind sie so einzeln, dass man nicht sagen kann, die wahre Baukunst sei durch Europa gemein worden. Noch sind genug ansehnliche Städte, wo man die Spuren guter Baumeister fast gänzlich vermisst. Indessen, da fast alle Überbleibsel der griechischen und römischen Baukunst abgezeichnet und überall ausgebreitet sind, fehlt es den neueren Baumeistern an nichts mehr, sich in den wahren Geschmack des Altertums zu setzen als an überlegter Betrachtung derselben. Wir wollen diesen Artikel mit einigen Betrachtungen über die Theorie der Baukunst beschließen.
Vergleiche ferner:
- (Hegel, Vorl. z. Ästhetik):
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