Seele und Leib
Seele und Leib. Solange wir „innere und äußere Erscheinungen, als bloße Vorstellungen in der Erfahrung“, miteinander zusammenhalten, so finden wir „nichts Widersinnisches und welches die Gemeinschaft beider Art Sinne befremdlich machte“. Sobald wir aber „die äußeren Erscheinungen hypostasieren, sie nicht mehr als Vorstellungen, sondern in derselben Qualität, wie sie in uns sind, auch als außer uns für sich bestehende Dinge, ihre Handlungen aber, die sie als Erscheinungen gegeneinander im Verhältnis zeigen, auf unser denkendes Subjekt beziehen, so haben wir einen Charakter der wirkenden Ursachen außer uns, der sich mit ihren Wirkungen in uns nicht zusammenreimen will, weil jener sich bloß auf äußere Sinne, diese aber auf den inneren Sinn beziehen, welche, ob sie zwar in einem Subjekte vereinigt, dennoch höchst ungleichartig sind. Da haben wir denn keine anderen äußeren Wirkungen, als Veränderungen des Orts, und keine Kräfte, als bloß Bestrebungen, welche auf Verhältnisse im Raume, als ihre Wirkungen, auslaufen. In uns aber sind die Wirkungen Gedanken, unter denen kein Verhältnis des Orts, Bewegung, Gestalt oder Raumesbestimmung überhaupt stattfindet, und wir verlieren den Leitfaden der Ursachen gänzlich an den Wirkungen, die sich davon in dem inneren Sinne zeigen sollten.“ „Aber wir sollten bedenken, daß nicht die Körper Gegenstände an sich sind, die uns gegenwärtig sind, sondern eine bloße Erscheinung wer weiß welches unbekannten Gegenstandes; daß die Bewegung nicht die Wirkung dieser unbekannten Ursache, sondern bloß die Erscheinung ihres Einflusses auf unsere Sinne sei; daß folglich beide nicht Etwas außer uns, sondern bloß Vorstellungen in uns sind, mithin daß nicht die Bewegung der Materie in uns Vorstellungen wirke, sondern daß sie selbst (mithin auch die Materie, die sich dadurch kennbar macht) bloße Vorstellung sei und endlich die ganze selbstgemachte Schwierigkeit darauf hinauslaufe: wie und durch welche Ursache die Vorstellungen unserer Sinnlichkeit so untereinander in Verbindung stehen, daß diejenigen, welche wir äußere Anschauungen nennen, nach empirischen Gesetzen als Gegenstände außer uns vorgestellt werden können?“ KrV 1. A. tr. Dial. 2. B. 1. H. Betracht, üb. d. Summe... (I 755 f.—Rc 475 ff.); vgl. Dualismus, Identitätstheorie. — Die Materie als bloße Vorstellung kann nicht die Ursache unserer Vorstellungen sein, weil es niemandem einfallen wird, „das, was er einmal als bloße Vorstellung anerkannt hat, für eine äußere Ursache zu halten“. Daß aber der transzendentale Gegenstand, dessen Erscheinung die Materie ist, nicht die „Ursache der Vorstellungen in uns“ sein könne, läßt sich nicht behaupten, „weil niemand von einem unbekannten Gegenstande ausmachen kann, was er tun oder nicht tun könne“. Gegen die Theorie des „physischen Einflusses“ (s. Einfluß) kann nur ein Einwurf erhoben werden, wenn Seele und Körper in einem „groben Dualismus“ als zwei Substanzen aufgefaßt werden, deren letztere zu einem Ding an sich hypostasiert wird, während das Körperliche als solches nur eine Vorstellung ist, ibid. (I 758 ff.—Rc 480 ff.). „Die berüchtigte Frage wegen der Gemeinschaft des Denkenden und Ausgedehnten würde also, wenn man alles Eingebildete absondert, lediglich darauf hinauslaufen: wie in einem denkenden Subjekt überhaupt äußere Anschauung, nämlich die des Raumes (einer Erfüllung desselben, Gestalt und Bewegung), möglich sei? Auf diese Frage aber ist es keinem Menschen möglich, eine Antwort zu finden, und man kann diese Lücke unseres Wissens niemals ausfüllen, sondern nur dadurch bezeichnen, daß man die äußeren Erscheinungen einem transzendentalen Gegenstande zuschreibt, welcher die Ursache dieser Art Vorstellungen ist, den wir aber gar nicht kennen, noch jemals einigen Begriff von ihm bekommen werden“, ibid. (I 760—Rc 484 f.).; vgl. Objekt.
„Seele und das uns gänzlich unbekannte Substrat der Erscheinungen, welche wir Körper nennen, sind zwar ganz verschiedene Wesen; aber diese Erscheinungen selbst, als bloße, auf des Subjekts (der Seele) Beschaffenheit beruhende Formen ihrer Anschauung, sind bloße Vorstellungen, und da läßt sich die Gemeinschaft zwischen Verstand und Sinnlichkeit in demselben Subjekte nach gewissen Gesetzen a priori wohl denken und doch zugleich die notwendige natürliche Abhängigheit der letzteren von äußeren Dingen, ohne diese dem Idealismus preiszugeben“, Üb. e. Entdeck. 2. Abs. (V 3, 76); vgl. N 5457, 6484. Vgl. Identitätstheorie.