Gebälk. (Baukunst) Ist der oberste Teil einer Säulenordnung, nämlich das, was von den Säulen unterstützt und getragen wird. Der deutsche Name dieser Sache ist sehr schicklich; weil er ein aus verschiedenen Balken zusammengesetztes Werk andeutet und ein solches Werk wird auch durch das Gebälk, wenn es gleich von Stein ist, wirklich vorgestellt. Man kann sich von dem Ursprung und der Beschaffenheit des Gebälkes aus der hier stehenden Zeichnung einen ganz deutlichen Begriff machen. Man stelle sich vor, dass ein verständiger Mensch, ehe noch irgend das Bauen zu einer Kunst worden, eine Decke oder einen Boden habe auf Säulen setzen wollen. Nachdem er seine Säulen gesetzt hatte, gab ihm der geringste Grad der Überlegung ein, dass er, so wohl von vornen als von hinten, über seine Säulen zuerst einen Balken legen müsse, der hier mit a b bezeichnet ist, welcher nicht nur die, in einer Reihe stehenden, Säulen zusammen verbände, sondern auch zugleich die Unterlage zu den Hauptbalken abgäbe. Nun musste ihm natürlicher Weise einfallen, auf diese Balken diejenigen Balken zu legen, die von der Vorderseite des Gebäudes, bis auf die Hinterseite reichen und die die eigentliche Grundlage der Decke oder des oberen Bodens machten. Hierüber mussten, um den Boden zu vollenden, quer über diese Balken dicke Bretter, so wie die Figur es anzeigt, gelegt werden. Diese Bretter mussten, zu besserer Bedekung der Balken, auf allen Seiten etwas herausstehen. In der Figur ist das vorderste Brett weggelassen, damit man die Köpfe der Hauptbalken sehen könne, die von dem über sie herauslaufenden Brette wären bedeckt worden. Dieses ist also der Ursprung der Gebälke.
Es ist hieraus zu sehen, dass das Gebälk drei notwendige oder wesentliche Teile habe. 1. Den Querbalken, der die Säulen zusammen verbindet und den Hauptbalken zur Unterlage dient. Er wird deswegen im Deutschen der Unterbalken genannt. 2. Die Hauptbalken, deren Köpfe auf dem Unterbalken ruhen. Der Raum, den diese Balkenköpfe, nebst dem dazwischen gelassenen leeren Raum, an der Voderseite, zwischen dem Unterbalken und den obersten hervortretenden Brettern einnehmen, wird der Fries genannt und ist also der zweite Hauptteil des Gebälks. 3. Den dritten machen die über die Balken hervortretenden Bretter oder Bohlen aus, die darum, weil sie um das ganze Gebäude herum einen herausstehenden Kranz machen, der Kranz genannt werden. Dieses ist also der Ursprung des Gebälks und der Benennung seiner verschiedenen Teile.
Als man danach in den Gebäuden auf die Schönheit zu sehen angefangen, sind diese Teile verschiedentlich verziert worden und man hat ihnen in verschiedenen Säulenordnungen ihre besonderen Verzierungen und Verhältnisse gegeben. Auch in steinernen Gebäuden, so gar in denen, die wirklich keine Boden oder Decken haben, die von den Säulen getragen werden, hat man von Außen des Ansehens halber die Gebälk beibehalten. Sie dienen in der Tat, dem Gebäude oder einer Säulenordnung von oben seine Begränzung oder Vollendung zu geben, so wie der Knauf die Säule vollendet [s. Ganz]. Auch überall, wo Säulen angebracht werden, selbst da, wo sie wirklich nichts tragen, muss notwendig ein Gebälk darüber stehen, weil sonst die Säulen als ganz müßige Teile da stehen würden. Mithin ist das Gebälk ein wesentlicher Teil jeder Säulenordnung.
Aber auch da, wo so wohl die Säulen als das Gebälk nur zur Verzierung dienen, wie in den Gebäuden, da die Säulen halb in die Mauer hineintreten, muss man den Ursprung des Gebälks nie aus dem Gesichte verlieren, weil man sonst in ganz ungereimte Fehler fällt, die das Aug' eines Kenners sehr beleidigen. Man sieht aus diesem Ursprung, dass der Unterbalken seiner Natur nach in gerader Linie über alle Säulen weglaufen müsse, weil er einen wirklichen Balken vorstellt, der über die Säulen gelegt ist. Daher denn die Baumeister, so berühmt sie sonst auch sein mögen, sehr grob fehlen, die den Unterbalken durch Verkröpfungen zerbrechen; so wie die, welche ihn bisweilen zwischen ein Paar Säulen, um ein Fenster etwas höher machen zu können, gar weglassen oder ausschneiden, so dass die Hauptbalken an denselben Stellen keine Unterlage zu haben scheinen.
Dergleichen Fehler sind an dem königlichen Schloß in Berlin, das sonst sehr große architektonische Schönheiten hat, häufig. Diese Fehler haben die Alten, in der schönen Zeit der Kunst, nie begangen; alle Gebälk der alten griechischen Gebäude sind vollständig und laufen gerade und ohne alle Brechung über den Säulen weg. Aber an den Gebäuden, die aus den Zeiten der späteren römischen Kaiser übrig geblieben sind, findet man die unschicklichen Verkröpfungen der Gebälke.
Selbst in Gebäuden, die weder Säulen noch Pfeiler haben, ist das Gebälk notwendig. Man macht an dem oberen Ende der Mauern einen Streifen, der den Unterbalken vorstellt und da die Hauptbalken wirklich da aufliegen, so deutet man auch den Fries an; endlich lässt man auch, so wohl zum Abtrüpfen des Regens von den Dächern als um das ganze Gebäude zu begrenzen, einen Kranz von verschiedenen Gliedern herum gehen. Also hat jedes, auch sonst schlecht gebaute Haus, sein Gebälk, welches, zumal wenn keine Säulen angebracht sind, auch bloß das Hauptgesims genannt wird.
So ein kleiner Teil des ganzen Gebäudes das Gebälk ist, so sehr kann es ihm ein gutes Ansehen geben oder benehmen. Ein niedriges Gebälk mit wenig hervorstehendem Kranz gibt einem großen Haus ein gar elendes und mageres Ansehen als wenn ein sehr kleiner Kopf auf einem großen Körper säße. Ist aber das Gebälk gar zu groß und stark, so scheint es das Gebäude einzudrücken. Hier kommt es also vorzüglich auf ein richtiges Auge an, das die guten Verhältnisse zu treffen vermöge [s. Ganz]. Wir haben also hier noch diese Verhältnisse und auch die Verzierung des Gebälkes zu betrachten. Um alles deutlicher zu machen, ist die Zeichnung eines ionischen Gebälkes im Profil beigefügt. Die Linie g h bezeichnet den Durchschnitt des Gebäudes, der von oben bis unten mitten durch den Säulenstamm durchgeht. Demnach zeigt die Figur die Auslaufungen [s. Auslauf] und die Höhen der zum Gebälk gehörigen Teile. Die ganze Höhe des Gebälkes a b wird von verschiedenen Baumeistern und in jeder Ordnung verschiedentlich genommen. Goldman, dem wir in diesem Werk in Ansehung der Verhältnisse überall folgen, macht jedes Gebälk, in jeder Ordnung, von vier Modeln und dieses ist das Verhältnis des hier gezeichneten Gebälks. Selten findet man, dass gute Baumeister diese Höhe bis auf drei Model vermindern; hingegen haben einige als Barozei und Cataneo das Gebälk der korinthischen und römischen Ordnungen bis auf fünf Model erhöht. Eben so verschieden sind die Baumeister auch so wohl in den Höhen als in den Auslaufungen der einzelnen Teile und in den Verzierungen.
Die Höhe des Unterbalkens d e, des Frieses e f und des Kranzes c b macht Goldman in den niedrigen Ordnungen gleich, nämlich jede von 1 1/3 Model; in den höheren Ordnungen aber gibt er dem Unterbalken 1 1/3 Model, dem Fries 1 1/15 und dem Kranz 1 3/5 Model.
Die Auslaufungen sind an dem Unterbalken und an dem Fries geringer als die Höhen, hingegen hat der Kranz natürlicher Weise eine sehr starke Ausladung, von 21/2 bis 2 2/3 Model, so wohl, weil er das ganze Gebäude begrenzt als weil er zugleich dient das ablaufende Wasser von dem Gebäude abzuhalten.
Der Unterbalken wird in den meisten Ordnungen in zwei oder drei Streifen abgeteilt und oben mit einen oder zwei kleinen Gliedern verziert. Der Fries kann glatt bleiben oder mit Balkenköpfen, auch allerhand Schnitzwerk verziert werden [s. Fries]; an seinem obersten Ende werden ebenfalls ein Paar kleine Glieder angebracht. Am meisten aber gehen die verschiedenen Baumeister in Ansehung des Kranzes von einander ab und es würde ins unendliche fallen, alle Veränderungen mit demselben zu beschreiben [s. Kranz].