732. Hader¹⁾. Streit²⁾. Zwist³⁾. Wortwechsel⁴⁾. Zank⁵⁾.
Das Wort Streit ist der allgemeinste und zugleich edelste Ausdruck von allen und bezeichnet überhaupt, daß sich zwei Kräfte entgegenwirken, widerstreben. Ein Streit in Worten wird ruhig, würdig, ohne Leidenschaft und mit sachlichen Gründen geführt. So können Gelehrte in aller Ruhe über einen wissenschaftlichen Gegenstand streiten (disputieren). Der Wortwechsel unterscheidet sich von dem Streite durch die Hitze, mit welcher die Streitenden einander entgegenreden. Ihre Reden wechseln in den kürzesten Sätzen und in den kleinsten Pausen, mit ungeduldigen Unterbrechungen. Ein jeder antwortet, erwidert, ohne den andern anzuhören. Es ist kaum zu vermeiden, daß es nicht zuweilen zwischen Mann und Frau zu einem Wortwechsel kommen sollte, zumal wenn beide von gleich lebhaftem und reizbarem Temperamente sind. Ein Wortwechsel wird zum Zank, wenn die Hitze und Lebhaftigkeit der Streitenden zu einem höhern Grade des Zornes steigt und von den Ausbrüchen heftiger Leidenschaft begleitet ist. Alsdann macht sich die innere Glut durch heftiges Geschrei, Schimpfreden und beschimpfende Gebärden Luft. Der Zank ist daher gewöhnlich die Folge einer wahren oder vermeinten Beleidigung, durch welche ein leidenschaftliches Gemüt aufgereizt worden ist. Ein Streit wird ein Zank, wenn die Parteien statt mit Gründen mit Vorwürfen kämpfen.
Ein Hader (Weiterbildung von ags. headu, Kampf, Schlacht, ahd. hadu, die aber nur als erstes Glied von Zusammensetzungen überliefert sind; in einigen Namen wie Hadubrant, Haduwig, unser Hedwig, d. i. also eigentl. Schlachtkampf, Kampfstreit, hat sich das altdeutsche hadu lange erhalten) ist ein Zank über eine unbedeutende, aber sehr streitige Sache, der leicht von Tätlichkeiten, wenigstens von Drohungen begleitet wird. Es kommt dabei wohl auch zum Stoßen, Raufen, Schlagen, und er wird dadurch ein Gegenstand der Aufmerksamkeit und Ahndung der Obrigkeit. Bezeichnet Hader einen Krieg zweier Mächte gegeneinander, so ist ein besonders erbitterter und langer gemeint. „Der König und die Kaiserin, | des langen Haders müde, | erweichten ihren harten Sinn | und machten endlich Friede.“ Bürger, Lenore. „Du siehst, daß deiner Söhne Bruderzwist | die Stadt empört in bürgerlichem Streit, | die, von dem bösen Nachbar rings umgarnt, | durch Eintracht nur dem Feinde widersteht. — | Du bist die Mutter! Wohl, so siehe zu, | wie du der Söhne blut’gen Hader stillst. | Was kümmert uns, die Friedlichen, der Zank | der Herrscher?“ Schiller, Braut v. Mess. I, 1. Zwist (von zwei) bedeutet die feindselige Gesinnung, durch welche zwei Gegner voneinander getrennt sind. Sie haben sich entzweit, wenn ein Zwist unter ihnen ausgebrochen ist, sie leben in Uneinigkeit. Ein Streit, ein Wortwechsel ist noch kein Zwist; denn Personen, die einmal in Streit und Wortwechsel geraten, werden deswegen noch keine Feinde, wenn aber ein Zwist unter ihnen entsteht, so hören sie auf Freunde zu sein; denn nun haben sie feindselige Gesinnungen gegeneinander angenommen.