742. Handeln¹⁾. Tun²⁾. Machen³⁾. Verrichten⁴⁾.
Handeln bezeichnet die Äußerungen menschlicher Kraft, sofern ihnen ein vernünftiger Wille zugrunde liegt. Der Mensch ist darum für seine Handlungen verantwortlich, als Kind vermag er noch nicht zu handeln. Sieht man von der der Handlung vorausgehenden Willensentschließung ab und faßt nur das Wirklichwerden ins Auge, so gebraucht man den Ausdruck: tun. Dieser Ausdruck vereinigt in sich die Begriffe: setzen und geben, das griech. tithêmi und das lat. dare. Ein mehr äußerliches, durch seine Wirkungen in die Sinne fallendes Tun nennt man machen; was gemacht ist, steht darum nach seiner Vollendung in keiner Beziehung mehr zu dem Urheber und erhält sein eigenes Dasein. Machen heißt oft gerade soviel wie fertigen, anfertigen, verfertigen. So macht z. B. ein Schneider einen Rock. Etwas verrichten heißt, eine Angelegenheit in geordneter Weise, so wie es die Pflicht und die Natur der Sache erfordert, zum Abschluß bringen. So verrichtet z. B. jemand die Geschäfte seines Amtes.
Machen gilt als der am wenigsten gute Ausdruck; ganz verkehrt und undeutsch ist aber die übertriebene Angst, mit der das Wort hier und da, namentlich in sogenannten Musteraufsätzen und Stilproben gemieden wird. Der gefährlichste Feind der deutschen Sprache ist die Pedanterie; soll denn Goethe vergeblich diese „Philisternetze“ zerrissen haben? Freilich soll damit nicht gesagt sein, daß die übertriebene Anwendung des Wortes, zu der unsere Umgangssprache neigt, zu billigen sei. K. D. Ilgen (s. d. Erinnerungen an K. D. Ilgen in der Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, 12. Okt. 1884) hat gar nicht so unrecht, wenn er das Verbum machen als den „Regiments-Pack- und Plack-Esel“ erklärt, dem alles aufgebürdet wird, was auf die Wörter „anzünden, reisen, eilen, öffnen, verschließen, arbeiten, vornehmen, sich befinden“, überhaupt fast auf alle Zeitwörter der Sprache verteilt werden müßte, wenn es Recht und Gerechtigkeit gäbe. „Früh, wenn es Tag macht, macht sich der Bauer aus seinem Bette heraus, das ihm seine Frau am Abend zuvor gemacht hat. Er macht die Kammertür auf und macht sie wieder zu, um sich an sein Tagewerk zu machen, dessen Anfang damit gemacht wird, daß man Feuer macht, um vor allen Dingen Kaffee zu machen. Die Frau macht indessen die Stube rein, macht Ordnung und macht sich die Haare. Wenn sie zu lange macht, macht der Mann ein finsteres Gesicht. Daraus macht sie sich nun freilich nicht viel, aber gutes Blut macht es doch auch nicht, wenn einem immer die Bemerkung gemacht wird: Mache, daß du fertig wirst, ich kann eher nichts machen. Als er sich endlich auf den Weg machen will, um auf den Buttstädter Jahrmarkt zu machen, macht es ein so greuliches Schneewetter, daß er nicht weiß, was er machen soll usw. „Ei, so macht ihr Deutsche eurer verwünschten Macherei doch endlich einmal ein Ende!“ (Vgl. Franz Kern, Zustand und Gegenstand S. 6.) Namentlich ist machen entschieden da zu verurteilen, wo es gar nicht mehr eine volksmäßige deutsche, sondern eine dem Französischen nachgeahmte Wendung ist, z. B. es macht ein schreckliches Regenwetter; oder: „Ja, machte der Graf,“ für: entgegnete der Graf u. ähnl. Solche Wendungen sind aufs schärfste zu verurteilen und unnachsichtlich zu bekämpfen. Auch der schreckliche Ausdruck: „nach einem Orte machen“ für: „nach einem Orte reisen“ ist als häßlicher Provinzialismus aufs nachdrücklichste zu verwerfen.