770. Heil¹⁾. Glück²⁾. Segen³⁾.
Heil bezeichnet das Angenehme, was uns widerfährt, als die Befreiung von einem Übel, als die Beendigung eines unangenehmen Zustandes, Glück ist die zufällige Gabe der Gunst des Schicksals. Ferner deutet Glück auf die äußern Güter, Heil auf die innern. Ganz besonders wird Heil auch im religiösen Sinne gebraucht und bezeichnet die Befreiung von Sünde und die Teilnahme am Reiche Gottes. Segen (ahd. sëgan, mhd. sëgen, d. i. eigentl. Kreuzeszeichen, Segnung durch solches, von lat. Signum, d. i. Zeichen, nämlich signum crucis, Zeichen des Kreuzes) bezeichnet ursprünglich das zum Schutze einer Person oder Sache gebrauchte Kreuzeszeichen, dann die dabei gesprochene Formel. Es steht namentlich auch im kirchlichen Sinne: Segen des Priesters, des Geistlichen beim Schluß des Gottesdienstes, bei einer Trauung, bei der Konfirmation (die Kinder einsegnen) usw. Dann wird es aber auch in anderen „Verhältnissen gebraucht: Segen des Vaters, der Mutter, eines Sterbenden (Gegensatz: Fluch) u. a. Endlich drückt es auch die Wirkung, den Erfolg des Segens aus, die dadurch verliehenen Güter. „Des Vaters Segen bauet den Kindern Häuser, aber der Mutter Fluch reißet sie nieder.“ Luther, Jesus Sirach 3, 11. „Doch der Segen kommt von oben.“ Schiller, Glocke. „Aus der Wolke quillt der Segen.“ Schiller, ebenda. „An Gottes Segen ist alles gelegen.“ Sprichwort. — Auch Gebete und fromme Sprüche werden Segen genannt, z. B. Morgensegen, Reisesegen, Haussegen usw. — Als volksmäßig derbe Ausdrücke für Glück gelten Dusel und Schwein, die nur in der Umgangssprache und auch da nur als Kraftausdrücke vorkommen. Dusel, das aus dem Niederdeutschen (niederdeutsch dusel = Schwindel) in die hochdeutsche Schriftsprache, und zwar erst in der neuhochdeutschen Periode aufgenommen worden ist, bedeutet soviel wie „Betäubung des Geistes, Kopfes“ (verwandt mit ahd. tusig, d. i. töricht; im Hochdeutschen steht t statt des niederdeutschen d, auch mit Tor und töricht liegt Verwandtschaft vor, vgl. Kluge, Et. Wörterb. 6. Aufl. S. 87). Daher gewinnt es in der vorliegenden Anwendung die Bedeutung: unverdientes Glück, das jemandem im Zustande geistiger Betäubung, gleichsam im Schlafe zufällt. „Du hast Ungeheuern Dusel“, d. h. deiner Anstrengung und verständigen Vorausberechnung der Ereignisse verdankst du deinen Erfolg nicht, sondern dem blinden Walten der Umstände, die sich gerade, ohne jedes Zutun von deiner Seite, günstig für dich erwiesen haben. Schwein besagt dasselbe; es ist aber ein besonders der Studentensprache angehöriger Ausdruck, der von da auch in andere Kreise gedrungen ist. Doch beruht die Anwendung dieses Wortes in dem genannten Sinne auf alten Anschauungen unserer heidnischen Vorfahren, denen das fruchtbare Schwein als glückbringendes Tier galt. Daher wurde auch später dem Gotte Freyr, der Frieden und Fruchtbarkeit spendete, ein goldborstiger Eber beigegeben. In gewählter Sprache, auch in der höflichen Umgangssprache sind natürlich Dusel und Schwein nicht gestattet. Der Engländer also, dem nachgesagt wird, daß er bei einem Fest dem Hauswirt, der ihn fragte, ob er schon mit seiner Tochter getanzt habe, antwortete: „Bedaure sehr, das Schwein habe ich noch nicht gehabt“, sündigte, ohne daß er es ahnte, ganz ungeheuerlich gegen allen guten Geschmack dadurch, daß er hier den Ausdruck Glück durch den Studentenausdruck ersetzte. Der Fehler lag aber hier auch mit in dem Gebrauch des Artikels; denn die Redewendung heißt: Schwein haben, viel, ungeheures Schwein haben usw., niemals das Schwein haben.