366. Dieb¹⁾. Schelm²⁾. Schurke³⁾. Spitzbube⁴⁾. Gauner⁵⁾. Gaudieb⁶⁾. Strauchdieb⁷⁾. Räuber⁸⁾. Strolch⁹⁾. Wegelagerer¹⁰⁾.
Die allgemeine Bezeichnung für einen solchen, der fremdes Eigentum heimlich entwendet, ist Dieb. Das Verächtliche in dieser Handlungsweise, sofern sie sich vom geraden, rechtlichen Wege entfernt, wird bezeichnet durch Spitzbube (zusammengesetzt aus Bube und dem mittelhochd. Adjekt. spitz, d. i. fein, listig; Spitzbube bedeutet demnach ursprünglich soviel wie: listiger Mensch, Taschenspieler, falscher Spieler, dann listiger Betrüger); das Betrügerische, sowie der gewerbsmäßige und kunstmäßige Betrieb wird dabei hervorgehoben, wenn man von Gauner spricht. Während der Ausdruck Spitzbub sich schon im Jahre 1540 bei Alberus in der Bedeutung Possenreißer findet, taucht das Wort Gauner in der Form Jauner erst im 18. Jahrhundert und zwar in Süddeutschland auf. Die Form Gauner findet sich in den Wörterbüchern überhaupt erst bei Adelung, indem er aus Lessing die Worte beibringt: „Du bist zwar ein Gauner.“ Das Wort bezeichnete ursprünglich „heimatlose Strolche, die im Lande schweifend einem Spitzbubenhandwerk nachgingen, und zwar in eine Gesellschaft vereinigt, mit einer gewissen Ordnung und Einheit untereinander“ (R. Hildebrand), während wir heute unter Gauner abgefeimte, listige Betrüger verstehen, Hochstapler, die durch falsche Vorspiegelungen, falsches Spiel u. ähnl. sich ihren Unterhalt verschaffen. Spiegelberg in Schillers Räubern ist der Typus eines solchen Gauners. „Hexereien? Braucht keiner Hexereien — Kopf mußt du haben? Ein gewisses praktisches Judicium, das man freilich nicht in der Gerste frißt — denn siehst du, ich pfleg’ immer zu sagen: einen honetten Mann kann man aus jedem Weidenstotzen formen, zu einem Spitzbuben will’s Grütz — auch gehört dazu ein eignes Nationalgenie, ein gewisses, daß ich so sage, Spitzbuben-Klima, und da rat’ ich dir, reis’ du ins Graubündner Land, das ist das Athen der heutigen Gauner.“ Schiller, Räuber II, 3. Will man auf die bei Entwendungen erforderliche Hurtigkeit und Verschmitztheit hindeuten, so spricht man von Gaudieb (aus niederd. gaudeef, das zusammengezogen ist aus gauwe dief, d. i. schlauer Dieb, niederd. gau, niederländ. gauw, geschwind, gewandt; das Wort hat also mit Gau, Land nichts zu tun). Wenn der Dieb sich an unbewohnten Orten aufhält, um sich nötigenfalls auch gewaltsam fremdes Eigentum anzueignen, so heißt er Strauchdieb (d. i. ein im Gesträuch, Busch, Wald verborgener Dieb), Wegelagerer, und wird, sofern offene Gewalt schon in seiner Absicht liegt, Räuber genannt. Die vagabundierende Lebensweise aller dieser Menschen hat man im Auge, wenn man sie Strolche oder Stromer (von stromen, d. h. hin- und herwandern, das Land durchstreifen; Stromer bedeutet daher soviel wie Landstreicher) nennt. — Sofern nun ihre rechtswidrigen Handlungen Leichtsinn und Verschlagenheit offenbaren, nennt man diese Leute Schelme; Schurken (ahd. firscurgo, Schurke, zu dem Verb. firscurigen, d. i. verstoßen, gehörig) aber, sofern ihre Vergehen auf sittliche Verworfenheit, auf Verderbtheit des Herzens hinweisen.