404. Dürsten¹⁾. Lechzen²⁾. Schmachten³⁾.
Dürsten bezeichnet den gewöhnlichen geringern Grad des Verlangens zu trinken, lechzen (Verstärkungsform zu lecken, mhd. lëhen, d. i. austrocknen; leck ist die jetzt übliche niederdeutsche Form für das nicht mehr gebräuchliche hochdeutsche lëch; leck werden; ein Faß z. B. wird leck, wenn das Holz so zusammentrocknet, daß Spalten und Ritze entstehen) den höhern und schmachten den höchsten. Tier und Mensch pflegen sich durch Öffnung des Mundes und Einziehung der frischen Luft die Empfindung des brennenden Durstes zu erleichtern, und dann lechzen sie. Schmachten zeigt die Empfindung eines solchen Durstes an, der aus der äußersten Trockenheit des Gaumens entsteht. Während aber lechzen und dürsten nur beim Gefühl des Durstes gesagt werden, braucht man schmachten auch, um einen hohen Grad des Hungers, überhaupt ein dringendes Bedürfnis nach Nahrung zu bezeichnen. Wer nach einem Trunk oder nach einem Bissen schmachtet, dessen Kräfte sind völlig erschöpft und werden erst durch Genuß der Nahrung hergestellt. „Seine Stärke war gesunken; | lechzend hing die Zung’ an Gaum'; | alles Öl war ausgetrunken, | und des Lebens letzter Funken | glimmt am dürren Dochte kaum.“ Bürger. „Und das Vieh im Felde schmachtet, schmachtet und will sterben.“ Claudius. In übertragener Bedeutung bezeichnen alle drei Wörter ein Verlangen nach etwas und folgen der nämlichen Steigerung. Er dürstet nach Ruhm, er lechzt nach Vergeltung, er schmachtet nach Anerkennung. „Es schlief mein Mund, vom Schmerz bewacht, du kamst und küßtest ihn zur Nacht, da wacht’ er auf — nun wehe mir: Wie lechzt und dürstet er nach dir!“ Anna Ritter, Befreiung, Neue Gedichte, 10. Aufl. Stuttgart und Berlin 1904, S. 25.