397. Durchlöchern¹⁾. Durchbohren²⁾. Durchstechen³⁾.
Alle drei Wörter bezeichnen das Durchdringen eines Gegenstandes mittels eines spitzen Werkzeuges. Durchstechen ist der allgemeinste Ausdruck; es kann mit jedem spitzen oder schneidenden Werkzeug geschehen, z. B. mit einer Nadel, einem Schwerte, einem Messer, einem Spaten (Spatenstich) usw. Daher gebraucht man das Wort vom Öffnen eines Dammes, eines Deiches, einer Landenge, z. B. bei dem eindringenden Hochwasser wurden die Deiche durchstochen; man durchstach die Landenge von Suez usw. „Da durchstach ihn ein Knabe und er starb.“ Luther, Richter 9, 54. — Durchbohren bezeichnet ursprünglich nur ein Durchstechen mittels eines Bohrers, z. B. ein Brett, eine Wand durchbohren. Da man beim Bohren mit der Hand kräftig auf den Bohrer drücken muß, um den dem Bohrer entgegenstehenden Widerstand zu überwinden, so wird das Wort durchbohren dann aber überhaupt auch von einem Durchstechen gebraucht, das mit besonderer, auf einen bestimmten Punkt (z. B. das Herz, den Leib, die Brust, den Schädel usw.) gerichteten Kraft oder mit besonderem Nachdruck geschieht. Es hebt daher besonders die Absicht und zugleich die nachdrücklich in die Erscheinung tretende Wirkung hervor und ist deshalb ein starker, sinnlich kräftiger, daher besonders auch von Dichtern als edlere Sprachform verwendeter Ausdruck für durchstechen, z. B. dem Feinde das Herz durchbohren, jemand mit dem Schwert durchbohren, jemand mit den Blicken durchbohren usw. „In seines Nichts durchbohrendem Gefühle.“ Schiller, Don Carlos 2, I. — Durchlöchern bezeichnet das Durchstechen eines Gegenstandes an verschiedenen nebeneinander liegenden Punkten, so daß der Gegenstand dann eine Zahl von Löchern zeigt, z. B. ein durchlöcherter Papierstreifen, ein durchlöchertes Brett usw. Der Sturm hatte das Dach des Hauses durchlöchert (d. h. an vielen Stellen die Dachziegel heruntergeworfen). Der Mantel des Kriegers war von Kugeln durchlöchert. Sehr hübsch spricht Paul Heyse einmal (Gesammelte Werke, Berlin 1873 ff. IV, 248) von einer „vom Trinken durchlöcherten Stimme“. Hier steht das Wort im übertragenen Sinne; es bedeutet da hauptsächlich: durch Mißbrauch oder Überschreitung der gebotenen Ordnung hinfällig machen, z. B. die Bestimmungen der Hausordnung wurden durch das Verhalten der Bewohner nach und nach durchlöchert; Satzungen, Gebräuche, Sitten durchlöchern usw. — Neben durchlöchern wird in neuester Zeit durchlochen gebraucht, jedoch nur als deutscher Ausdruck für das Coupieren von Billetts. — Durchstechen kommt auch in der Bedeutung vor: „mit jemand im heimlichen Einverständnis stehen und dadurch dessen und seinen eigenen Vorteil unter Umgehung gesetzlicher Bestimmungen fördern.“ Man spricht dann von „Durchstechereien“. In diesem Sinne können die übrigen Wörter nicht stehen.