80.
Bedacht im Erkundigen. Man lebt hauptsächlich auf Erkundigung. Das Wenigste ist, was wir sehen: wir leben auf Treu und Glauben. Nun ist aber das Ohr die Nebentüre der Wahrheit, die Haupttüre der Lüge. Die Wahrheit wird meistens gesehen, nur ausnahmsweise gehört. Selten gelangt sie rein und unverfälscht zu uns, am wenigsten, wann sie von Weitem kommt: da hat sie immer eine Beimischung von den Affekten, durch die sie ging. Die Leidenschaft färbt Alles, was sie berührt, mit ihren Farben, bald günstig, bald ungünstig. Sie bezweckt immer irgend einen Eindruck: daher leihe man nur mit großer Behutsamkeit sein Ohr dem Lober, mit noch größerer dem Tadler. In diesem Punkt ist unsre ganze Aufmerksamkeit vonnöten, damit wir die Absicht des Vermittelnden herausfinden und schon zum voraus sehen, mit welchem Fuß er vortritt. Die schlaue Überlegung sei der Wardein des Übertriebenen und des Falschen.