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156.

Die Freunde seiner Wahl: denn erst nachdem der Verstand sie geprüft und das wechselnde Glück sie erprobt hat, sollen sie es sein, erkoren, nicht bloß durch die Neigung, sondern auch durch die Einsicht. Obgleich hierin es gut zu treffen, das Wichtigste im Leben ist, wird doch die wenigste Sorgfalt darauf verwendet. Einige Freunde führt ihre Zudringlichkeit, die meisten der Zufall uns zu. Und doch wird man nach seinen Freunden beurteilt: denn nie war Übereinstimmung zwischen dem Weisen und den Unwissenden. Inzwischen ist, dass man Geschmack an Jemandem findet, noch kein Beweis genauer Freundschaft: es kann mehr von der Kurzweil an seiner Unterhaltung, als von dem Zutrauen zu seinen Fähigkeiten herrühren. Es gibt echte und unechte Freundschaften, diese zum Ergötzen, jene zur Fruchtbarkeit an gelungenen Gedanken und Taten. Wenige sind Freunde der Person, die Meisten der Glücksumstände. Die tüchtige Einsicht Eines Freundes nützt mehr als der gute Wille vieler anderen: daher verdanke man sie seiner Wahl, nicht dem Zufall. Ein Kluger weiß Verdrießlichkeiten zu vermeiden; aber ein dummer Freund schleppt sie ihm zu. Auch wünsche man seinen Freunden nicht zu großes Glück, wenn man sie behalten will.