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Seine Freunde zu nutzen verstehen. Auch hierbei hat die Klugheit ihre Kunst. Einige sind gut in der Ferne, Andere in der Nähe. Mancher taugt nicht für die Unterredung, aber sehr für den Briefwechsel: denn die Entfernung nimmt einige Fehler hinweg, welche in der Nähe unerträglich waren. Nicht bloß Ergötzen, sondern auch Nutzen muß man aus seinem Freunde schöpfen; denn er muß die drei Eigenschaften besitzen, welche Einige dem Guten, Andere dem Dinge überhaupt beilegen: Einheit, Güte und Wahrheit. Quodlibet ens est unum, verum, bonum. Satz aus der Scholastischen Philosophie. Denn der Freund ist Alles in Allem. Wenige taugen zu guten Freunden, und dass man sie nicht zu wählen versteht, macht ihre Zahl noch kleiner. Sie sich erhalten ist mehr, als sie zu erwerben wissen. Man suche solche, welche für die Dauer sein können, und sind sie auch anfangs neu; so beruhige man sich dabei, dass sie alt werden können. Durchaus die besten sind die von vielem Salz, wenn auch die Prüfung einen Scheffel kostet. Keine Einöde ist so traurig, als ohne Freund zu sein. Die Freundschaft vermehrt das Gute und verteilt das Schlimme: sie ist das einzige Mittel gegen das Unglück und ist das Freiatmen der Seele.