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Erhabener Geschmack. Er ist der Bildung fähig, wie der Verstand. Je mehr Einsicht, desto größere Anforderungen, und, werden sie erfüllt, desto mehr Genuss. Einen hohen Geist erkennt man an der Erhabenheit seiner Neigung: ein großer Gegenstand muß es sein, der eine große Fähigkeit befriedigt. Wie große Bissen für einen großen Mund, sind erhabene Dinge für erhabene Geister. Die trefflichsten Gegenstände scheuen ihr Urteil und die sichersten Vollkommenheiten verlässt das Zutrauen. Der Dinge erster Trefflichkeit sind wenige; daher sei die unbedingte Hochschätzung selten. Durch fortgesetzten Umgang teilt sich der Geschmack allmählich mit, weshalb es ein besonderes Glück ist, mit Leuten von richtigem Geschmack umzugehen. Andrerseits soll man nicht ein Gewerbe daraus machen, mit Allem unzufrieden zu sein, welches ein höchst albernes Extrem ist, und noch abscheulicher, wann es aus Affektation, als wann es aus Verstimmung entspringt. Einige möchten, dass Gott eine andre Welt, mit ganz andern Vollkommenheiten schüfe, um ihrer ausschweifenden Phantasie eine Genüge zu tun.