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154.

Nicht leicht glauben und nicht leicht lieben. Die Reife des Geistes zeigt sich an der Langsamkeit im Glauben. Die Lüge ist sehr gewöhnlich; so sei der Glaube ungewöhnlich. Wer sich leicht hinreißen ließ, steht nachher beschämt. Inzwischen soll man seinen Zweifel an die Aussage des Anderen nicht zu erkennen geben, weil dieses unhöflich, ja beleidigend wäre, indem man den Bezeugenden dadurch zum Betrüger oder zum Betrogenen macht. Sogar aber ist dies noch nicht der größte Übelstand; sondern der, dass Ungläubigsein selbst einen Lügner verrät: denn ein solcher leidet an zwei Übeln, dem, nicht zu glauben, und dem, keinen Glauben zu finden. Die Zurückhaltung des Urteils ist immer klug im Hörer; der Sprecher aber berufe sich auf den, von dem er es hat. Eine verwandte Art der Unbedachtsamkeit ist das leichte Verleihen seiner Zuneigung: denn nicht nur mit Worten, sondern auch mit Werken wird gelogen, und letztere Art des Betrugs ist viel gefährlicher.