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Die Kunst der Unterhaltung besitzen: denn sie ist es, in der ein ganzer Mann sich produziert. Keine Beschäftigung im Leben erfordert größere Aufmerksamkeit: denn gerade weil sie die gewöhnlichste ist, wird man durch sie sich heben oder stürzen. Ist Behutsamkeit nötig, einen Brief zu schreiben, welches eine überlegte und schriftliche Unterhaltung ist; wie viel mehr bei der gewöhnlichen, in der die Klugheit eine unvorbereitete Prüfung zu bestehen hat. Die Erfahrenen fühlen der Seele den Puls an der Zunge, und deshalb sagte der Weise: Sokrates. sprich, damit ich dich sehe. Einige halten dafür, dass die Kunst der Unterhaltung gerade darin bestehe, dass sie kunstlos sei, indem sie locker und lose, wie die Kleidung, sein müsse: von der Unterhaltung zwischen genauen Freunden gilt dies wohl: allein, wann mit Leuten, die Rücksicht verdienen, geführt, muß sie gehaltvoller sein, um eben vom Gehalt des Redenden Zeugnis zu geben. Um es recht zu treffen, muß man sich der Gemütsart und dem Verstande des Mitredenden anpassen. Auch affektiere man nicht, Worte zu kritisieren; sonst wird man für einen Grammatikus gehalten: noch weniger sei man der Fiskal der Gedanken; sonst werden Alle uns ihren Umgang entziehen und die Mitteilung teuer feil haben. Im Reden ist Diskretion viel wichtiger, als Beredsamkeit.