419. Ehrlich¹⁾. Redlich²⁾. Rechtschaffen³⁾.
Jeder Stand, jedes Verhältnis des Menschen hat seine eigentümlichen Pflichten, und wer diese alle pünktlich und gewissenhaft erfüllt, der handelt rechtschaffen (eig. recht geschaffen, d. i. recht gestaltet, recht beschaffen, so wie es Zweck und Bestimmung jemandes verlangt). Der rechtschaffene Soldat, der rechtschaffene Vater tut nicht bloß das, wozu ihn die Gesetze verpflichten, er tut mehr als alles, was sie ihm ausdrücklich vorschreiben, er unterläßt nichts, was der Geist seines Standes von ihm fordert. Ehrlichkeit (ehrlich, d. i. so beschaffen, wie es die Ehre erfordert) und Redlichkeit (s. Art. 183) haben einen engeren Umfang. Wer nur nichts tut, wodurch er seine bürgerliche Ehre verlieren würde, wer nicht stiehlt, nicht betrügt, kein falsches Zeugnis ablegt, keines Meineids überführt wird, hat nach den bürgerlichen Gesetzen einen gerechten Anspruch auf seinen ehrlichen Namen, wenn er auch nur aus Furcht vor der Strafe dies unterlassen und sich manches erlauben sollte, was sich ein rechtschaffener Mann nicht erlauben würde. Die Redlichkeit ist ein Teil der Ehrlichkeit, sie ist die Ehrlichkeit bei Verträgen und Versprechungen. Der redliche Mann sucht niemand, mit dem er einen Vertrag schließt, zu betrügen, indem er ihn durch Lügen oder durch Verhehlen desjenigen, was er zu offenbaren schuldig ist, überlistet; seine Worte können nicht gedreht und gewendet werden; er hält, was er verspricht, und handelt nie gegen Treue und Glauben. „Die Redlichkeit besteht darin: ein Wort, ein Mann! | weil man den Redlichen beim Worte halten kann.“ Rückert, Die Weisheit des Brahmanen.