445. Einwurf¹⁾. Zweifel²⁾. Skrupel³⁾.
Bloße Skrupel (lat. scrupulus, Deminutivum zu scrupus, d. i. ein spitzes Steinchen) liegen dunkel und ohne Bewußtsein in der Seele; sie kündigen sich bloß durch eine gewisse unerklärliche Unruhe an, wovon wir die Gründe weder andern, noch auch uns selbst auseinandersetzen können. Sie steigen daher unwillkürlich, ohne unser Zutun und unvermerkt in uns auf; und der Aberglaube hält sie aus diesem Grunde für Eingebungen eines bösen Geistes, der uns beunruhigen und in unserm Glauben oder Handeln irre machen will. Namentlich beziehen sich die Skrupel auf unser Handeln und treten ein nach Beginn oder Vollendung einer Handlung: Gewissensskrupel. „Auch werden Sie dasjenige, was ich zu erinnern habe, vielleicht für einen leeren Skrupel halten. Mir kommt kein Besitz ganz rechtmäßig, ganz rein vor, als der dem Staate seinen schuldigen Teil abträgt.“ Goethe, Wilh. Meist. Lehrj. VIII, 2. Zweifel sind Ausstellungen an der Wahrheit eines Satzes, deren wir uns im ganzen bewußt sind, ohne sie gehörig auseinandersetzen oder begründen zu können. Einwürfe dagegen sind Gründe gegen eine Wahrheit, über die wir uns völlig klar sind und durch die wir einen Satz zu widerlegen suchen; von Einwürfen redet man daher auch besonders bei wissenschaftlichen Debatten, wo die Gegengründe in klarer wissenschaftlicher Form vorgebracht werden. Zweifel kann ein jeder Mann von einigermaßen geübtem Verstande gegen eine Wahrheit erheben, treffende Einwürfe kann ihr nur der Gelehrte entgegenstellen, zu dessen Fache sie gehört. Skrupel kommen aus dem Herzen, die Zweifel gehen aus dem Herzen in den Kopf über, die Einwürfe entstehen im Kopfe.