538. Fackel¹⁾. Kerze²⁾.
Die Fackel (ahd. facchala, verwandt mit lat. facula, dem Demi-nutivum zu fax) unterscheidet sich von der Kerze (nicht von lat. cera, sondern von ahd. charz, charza, d. i. das Werg und der aus dem Werg gefertigte Docht; man fertigte in der altdeutschen Zeit die Kerzen so, daß man einen aus Werg gedrehten Docht mit Talg oder Wachs tränkte) zunächst durch die große unruhige Flamme, dann dadurch, daß sie nicht, wie die Kerze, aus einem von einer Wachsoder Talgmasse umschlossenen Dochte besteht, sondern aus einem leicht entzündbaren Stoffe (Werg, Kienholz, Stroh usw.), der mit Pech oder Wachs getränkt ist. Gewöhnlich ist die Fackel auch bedeutend größer als die Kerze, obwohl es auch Kerzen von ganz ansehnlicher Größe gibt, wie die zum kirchlichen Gebrauch bestimmten. Die Fackel dient zur Beleuchtung im Freien, die Kerze dagegen wird in den Zimmern gebrannt. Die Fackel wird nur bei festlichen Gelegenheiten gebraucht, bei Fackelzügen, die zu Ehren irgendeiner Person unternommen werden u. ähnl., die Kerze dient sowohl zum festlichen wie zum stillen häuslichen Gebrauche, namentlich aber wird sie bei der kirchlichen Abendmahlsfeier verwendet. — In übertragener Bedeutung geht Fackel auf das Entfesseln von Leidenschaften, z. B. die Fackel des Krieges, des Hasses, der Liebe usw. entzünden. Kerze kann in diesem Sinne nicht gebraucht werden. — Auch Licht ist sinnverwandt mit den beiden angeführten Ausdrücken. Licht ist aber ein viel allgemeinerer Ausdruck; es bezeichnet ursprünglich den Leuchtstoff überhaupt, z. B. die Erde empfängt ihr Licht von der Sonne. „Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.“ 1. Mos. 1, 3. Dann werden auch die Lichtträger so genannt, z. B. leuchtende Himmelskörper. „Gott machte zwei große Lichter, ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere.“ 1. Mos. 1, 16. In diesen Bedeutungen ist es mit Kerze und Fackel nicht sinnverwandt. Es hat auch die Bedeutung: künstlich aus brennbaren Körpern hergestellte Flamme, z. B. Gaslicht, Kerzenlicht, elektrisches Licht usw.; diese Bedeutung können Fackel und Kerze nicht annehmen. Nur in der eingeengtesten Bedeutung: aus Talg, Wachs, Stearin oder Paraffin hergestellter walzenförmiger Gegenstand, der zur Beleuchtung des Zimmers usw. angebrannt wird, tritt es in Sinnverwandtschaft mit Fackel und Kerze. Kerzen nennt man dann die besonders dicken und starken Lichte (diesen Plural wendet man hier neben Lichter an), während die dünnen, langgezogenen die Lichte im engern Sinne sind. Außerdem gilt Kerze als der edlere und gewähltere Ausdruck. Im Alltagsleben brennt man Lichte; beim Abendmahl oder bei einem Feste leuchten Kerzen.