583. Flüstern¹⁾. Raunen²⁾. Wispern, Wispeln³⁾. Zischeln⁴⁾.
Alle vier Wörter bezeichnen ein leises Sprechen. Raunen (ahd. rûnên, mhd. rûnen, heimlich und leises reden; ahd. die rûna, Geheimnis) drückt außer dem Leisesprechen zugleich aus, daß das, was man jemand in die Ohren raunt, ein Geheimnis sei, das kein anderer wissen soll. Gewöhnlich kommt es nur in den Verbindungen vor: in die Ohren raunen und jemand etwas zuraunen. Flüstern (richtigere Form: flistern, ahd. flistran, liebkosen, schmeicheln) wird zunächst nur von angenehmen, liebkosenden Reden gebraucht; man sagt z. B. von Verliebten, daß sie flüstern usw. „Aber ach! wann wird ihr holdes Flüstern | seinen Liebesreden sich verschwistern.“ A. W. Schlegel, Pygmalion. Dann bezeichnet es aber überhaupt das leise Sprechen, ohne jeden Nebenbegriff. „Im Garten des Pfarrers von Taubenhain | geht’s irre bei Nacht in der Laube. | Da flistert und stöhnt’s so ängstiglich.“ Bürger. „Da pispert’s und knistert’s und flistert’s und schwirrt.“ Goethe, Hochzeitslied. „War es nicht ein Weib, j ein Weib, das mir es flüsterte? Der Name | des Weibes heißt Verleumdung.“ Schiller, Don Carlos III, 2. Zischeln (verkleinernde Nebenform zu zischen) deutet dagegen nur einen üblen Inhalt der Rede an; die Schmähsucht zischelt (wohl vom Zischen der Schlange entlehnt), um ihre Geheimnisse den Beteiligten zu entziehen. Wispeln (ahd. wispalôn, mhd. wispeln) oder wispern (erst nhd., ursprüngl. wohl niederdeutsch) sind nur schallnachahmende Bildungen und heben den säuselnden Ton des leisen Sprechens hervor (wie pispern, pispeln, lispeln u. a.).