555. Fechten¹⁾. Streiten²⁾. Kämpfen³⁾. Ringen⁴⁾.
Streiten ist der allgemeinste Ausdruck und heißt überhaupt, einander widersprechen, es mag bloß in Worten geschehen, oder von Tätlichkeiten begleitet sein; fechten bezeichnet ein gegenseitiges Bestreben, sich mit Hieb- oder Stichwaffen zu verletzen und dadurch einander zum Widerstände unfähig zu machen. Bei dem Ringen bedienen sich die Streitenden nur ihrer Glieder, um ihren Gegner niederzuwerfen und so seinen Widerstand zu besiegen. Das Kämpfen ist heftiges Streiten, wobei beide Parteien eine größere und stärkere Macht zu überwinden haben, mehr Kräfte anstrengen und nur mit vieler Mühe den Sieg davontragen, oder mit gänzlicher Erschöpfung den Streit endigen. „Mögen sie’s wissen, warum sie sich blutig | hassend bekämpfen! Mich ficht es nicht an. | Aber wir fechten ihre Schlachten.“ Schiller, Br. v. Mess. I, 3. Der Streit, das Gefecht und der Kampf kann unter mehreren Gegnern, das Ringen nur unter zweien stattfinden. Zwei Prätendenten streiten sich um die Krone, indem beide behaupten, ein Recht darauf zu haben, noch ehe sie gegeneinander zu Felde ziehen; sie fechten um sie, wenn sie wirklich Feindseligkeiten gebrauchen und als Feinde einander angreifen; sie kämpfen darum, wenn von beiden Seiten der Widerstand hartnäckig oder langwierig ist. Ein Mensch kämpft mit einem Löwen, weil er an ihm einen übermächtigen Gegner findet. Die Spanier lieben die Stiergefechte, in denen sich diese Tiere mit ihren spitzigen Hörnern verletzen. — Auch der Ausdruck kriegen ist sinnverwandt mit den genannten Wörtern. Kriegen hat die allgemeine Bedeutung: streiten und wurde sowohl von einem handgreiflichen Streite, als auch von einem Streite mit Worten gebraucht. Balgen und kriegen ist eine stehende Formel in älteren deutschen Dichtwerken, z. B. bei Hans Sachs. Noch heute spricht man von einem Wortkriege. Wie aber das Wort Krieg in älterer Zeit hauptsächlich einen Rechtsstreit, einen Streit vor Gericht bezeichnete, so wurde kriegen auch besonders von einem Rechtsstreite gebraucht. Daraus entwickelte sich dann in dem mittelhochdeutschen Zeitalter die Bedeutung: befehden, Krieg führen, bei der zuletzt an einen Rechtsanspruch gedacht wurde, den man bei Gericht erfolglos anhängig gemacht hatte und nun mit den Waffen in der Hand verfolgte. Wir gebrauchen das Wortkriegen gegenwärtig vorwiegend und in erster Linie in der letztgenannten Bedeutung und denken bei diesem Aus- drucke zunächst an eine Fehde, an einen Krieg, der geführt wird. Der Waffenkampf hieß früher Streit oder Fehde; da aber der Krieg als Rechtsstreit auch alle Mittel zur Erlangung des Rechtsanspruches, also auch zuletzt die Fehde, mit einschloß, so ging das Wort Krieg nach und nach in die Bedeutung: Waffenkampf über. Doch bezeichnete Streit die Schlacht vorwiegend als Kampf mit den Waffen, während Krieg die staatsrechtliche Seite hervorhob. Krieg und kriegen sind also ursprünglich noch umfassendere Ausdrücke als Streit und streiten; heute bezeichnen wir mit Krieg und kriegen hauptsächlich die großen feindlichen Unternehmungen zweier Völker gegeneinander, während fechten, kämpfen und streiten dann von den einzelnen Schlachten gebraucht werden, aus denen der ganze Krieg sich zusammensetzt. Fehde und befehden sind für Krieg und bekriegen hauptsächlich in poetischer Sprache als alte, schöne Ausdrücke üblich. „Die Römer und Batavier kriegen menschlich; denn sie kriegen nicht für die Religion.“ Schiller. „Also freut’ ich mich, daß ein großes mächtiges Volk sich | nie Eroberungskrieg wieder zu kriegen entschloß.“ Klopstock, Der Eroberungskrieg. Das Zeitwort kriegen ist gegenwärtig (und schon seit dem 18. Jahrhundert) nur wenig in Gebrauch, während das Substantivum Krieg sehr üblich ist. Im uneigentlichen Sinne ist ein jeder lebhafte und stark in die Sinne fallende Widerspruch ein Streit, und wenn dieser Widerspruch in Worten hitzig und erregt zutage tritt, ein Gefecht. Kämpfen bezeichnet in übertragener Bedeutung jedes anhaltende Bestreben, eine schwer zu überwindende Macht, die unser Lebensglück oder unsere Freiheit gefährdet, niederzuwerfen, ringen ein mit großer Anstrengung, Besorgnis und Angst verbundenes Streben nach irgend etwas. Man kämpft gegen seine Leidenschaften und ringt nach Ruhm, Anerkennung und Befreiung aus drückender Lage usw. Kriegen ist in übertragener Bedeutung noch seltener als in seiner eigentlichen; es deutet im uneigentlichen Sinne einen lange währenden Kampf an, der wie ein Krieg schwer entschieden wird, bei dem der Sieg sich bald dem einen, bald dem andern Gegner zuwendet. „So sieht er Wahrheit mit Betrug und Tugend mit dem Laster kriegen.“ Gotter.