573. Fittig¹⁾. Flügel²⁾. Schwinge³⁾.
Flügel sind überhaupt die Werkzeuge zum Fliegen. Fittich (mit Feder verwandt, wahrscheinlich ein Kollektivum zu diesem Worte; ahd. fëttah, mhd. vëttach, vittich) heißt das Werkzeug zum Fliegen, sofern es mit Federn versehen ist. Daher legt man den gefiederten Vögeln Fittiche und Flügel bei, die unbefiederten Insekten hingegen haben nur Flügel und keine Fittiche, Selbst die Flügel der Vögel, wenn sie der Federn beraubt sind, heißen nicht mehr Fittiche, sondern Flügel. Daher spricht man von dem Flügel eines gebratenen Huhnes, nicht von dem Fittich eines solchen. Fittich als das ältere Wort klingt edler, mächtiger und feierlicher, als Flügel, und wird nur in dichterisch gehobener Sprache angewendet. „Des Vogels Fittich werd’ ich nie beneiden. | Wie anders tragen uns die Geistesfreuden | von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt.“ Goethe, Faust I. Schwingen sind zunächst eigentlich die Flügel der stärkern Vögel, die sich mit einem reißenden, bogenförmigen Fluge am höchsten in die Luft erheben, wie der Adler, der Geier usw., dann auch die Schwungfedern in einem solchen Flügel. Der uneigentliche Gebrauch legt daher der stärkern Willenskraft, die sich zu höherer Vollkommenheit zu erheben strebt, Schwingen, der bewegten Einbildungskraft hingegen Flügel bei. „Ach, meines Geistes Schwingen sind gelähmt.“ Schiller, Mar. Stuart III, 4. „Gleichsam wie die Flatterflügel wachsen, daß man sie sieht, wenn der junge (Sommer-)Vogel noch an der Stelle sitzt, an welcher er aus der Puppe gekommen war, die die Fittiche so lange eingefaltet gehalten hatte, so dehnt das junge Innere Dethas die neuen eben erst erhaltenen Schwingen aus.“ A. Stifter, Studien 2, 259.