572. Filzig¹⁾. Geizig²⁾. Karg³⁾. Habsüchtig⁴⁾. Knicker⁵⁾. Knauser⁶⁾.
Habsucht drückt das Übermaß im Erwerben und Nehmen, Kargheit in der Vermeidung dos Gebens, Geiz und Filzigkeit in beiden aus. Der Fehler, welcher der Kargheit (von ahd. chara, Klage, Wehklage, Trauer, Sorge, Bekümmernis; das Wort karg bedeutet ahd. traurig, mhd. listig, nhd. sparsam, würde also eig. heißen: traurig oder besorgt im Ausgeben, listig im Erwerben) gegenübersteht, ist die Verschwendung. Das ist auch in dem uneigentlichen Gebrauche dieses Wortes der Fall. „Der Lehrer,“ sagt Quintilian, „muß das Lob an seine Schüler weder karg noch verschwenderisch austeilen.“ Der höchste Grad der Kargheit ist die Knickerei. Der Knicker (von knicken, in der Bedeutung: auch am Kleinsten etwas abzwacken) oder Knickerer sucht in seinen Ausgaben das Unendlichkleine zu retten; er ist karg bis auf die unbeträchtlichste Unterabteilung einer Sache, die kaum noch einen Wert hat; er spaltet ein Kümmelkorn. Wie sich der Knicker von dem Kargen unterscheidet, so unterscheiden sich der Knauser und der Filz von dem Geizigen. Der Geizige nämlich ist ein Knauser (knausern ist eine Erweiterung von dem alten niederd. knauen, d. i. nagen, die diesen Begriff noch verkleinert, wie knaupeln u. a.; daß diese Ableitung nicht unnatürlich ist, zeigt der schweizerische Ausdruck gnager für Knauser, von Schweiz, gnagen, nagen; mit dem mittelhd. Adjekt. knuz, d. i. hochfahrend, keck, auf das Weigand und Kluge das Wort zurückführen, hängt es nicht zusammen), sofern der kleinste Gewinn ihm nicht zu klein und die geringste Ersparnis nicht zu gering ist. Diese ängstliche Beschäftigung mit Kleinigkeiten und die übertriebene Schätzung derselben sind Zeichen einer kleinen Seele und machen daher den Knicker und den Knauser verächtlich. „Den größesten Verschwender könnte man zum größesten Knicker machen.“ J. Paul, Unsichtbare Loge. „Wir sollen von dem Friedländer lassen, | der den Soldaten so nobel hält? | Mit dem Spanier ziehn zu Feld, | dem Knauser, den wir von Herzen hassen?“ Schiller, Wallenst. Lager 11. Der Filz (so wurden die Bauern genannt von dem groben Filz, den sie als Kleidung trugen; es bezeichnet dieser Name einen ungeschliffenen Grobian, der zugleich in bezug auf das Geldgeben so zäh war wie der Filz) kennt keine Gesetze der Ehre, der Freundschaft, der Gefälligkeit, er ist gleichgültig gegen Achtung und Verachtung, sobald nur ein Pfennig zu gewinnen oder zu sparen ist. „Er sprach so unhold, wenn er gab; erkundigte so ungestüm sich erst | nach dem Empfänger; nie zufrieden, daß | er nur den Mangel kenne, wollt’ er auch | des Mangels Ursach’ wissen, um die Gabe | nach dieser Ursach’ filzig abzuwägen.“ Lessing, Nathan d. Weise I, 3. „Weißt du noch, wie tausendmal du, die Flasche in der Hand, den alten Filzen (oberdeutscher schwacher Akkusativ für den regelmäßigen Akk.:. den Filz) hast aufgezogen und gesagt: Er soll nur darauf los schaben und scharren.“ Schiller, Räuber I, 2. Der Filz macht sich also nur verächtlich; denn er begnügt sich mit Kleinigkeiten, und die Mittel, die er gebraucht, sind bloß niedrige; der Geizige geht auf großen Gewinst und große Ersparnis aus, und die Mittel, die er dazu anwendet, können auch ungerechte, grausame sein. „Wenn man ihm wegen der Geburt eines Kindes Glück wünscht,“ sagt Theophrast in seinen Charakteren, „so erwidert er: Das wäre alles recht gut; aber das Kind bringt mich um die Hälfte von meinem Vermögen."