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545. Fallen¹⁾. Bleiben²⁾. Sterben³⁾. (Scheiden, Verenden, Verrecken, Krepieren)

1) To fall.
2) To be slain, perish (on the field of battle).
3) To die (expire).
1) Tomber.
2) Rester (demeurer) sur la place (être tué sur le champ de bataille).
3) Mourir (décéder, expirer).
1) Cadere.
2) Rimanere (morto in battaglia; restar sul campo di battaglia.
3) Morire (spirare, uscir di vita).

Sterben (eig. sich plagen; mhd. sterben, ahd. stërban, sterben; vgl. engl. to starve, umkommen) bedeutet, daß die Seele (das Leben) vom Körper scheide. Fallen und bleiben beziehen sich auf die gewaltsamen Ursachen des Sterbens und werden von denen gebraucht, die in einem Kampfe getötet werden. Fallen geht auf den Augenblick, wo die Kräfte den Körper ganz oder zum größten Teile verlassen haben, so daß er sich nicht mehr aufrecht erhalten kann; bleiben aber bezieht sich darauf, daß der Getötete den Kampfplatz zu verlassen außerstande ist. Fallen schildert also den Vorgang lebendig, während bleiben nur erzählend berichtet: in lebhafter Darstellung kann das letztere daher nicht verwendet werden. In poetischer Sprache wird für fallen zuweilen auch sinken in derselben Bedeutung verwendet: „An unsern Mauern sank | der edle Held für seines Königs Sache.“ Schiller, Jungfr. I, 3. Auch die Ausdrucke enden, erblassen, erbleichen, scheiden, abscheiden, verscheiden, heimgehen, entschlafen, dahinfahren, versterben, seinen Geist, seine Seele aushauchen, den Geist aufgeben, verenden, verrecken, krepieren sind mit sterben sinnverwandt. Sofern der Tod das Ende der Lebenslaufbahn bezeichnet, gebraucht man in poetischer Sprache auch den Ausdruck: Er hat geendet, für: Er ist gestorben. Der Ausdruck deutet zugleich an, daß alle Mühen und Sorgen, die das Leben des Menschen begleiteten, durch den Tod hinweggenommen sind. Häufig schließt der Ausdruck überhaupt den letzten Lebensabschnitt mit ein. „Noch keinen sah ich fröhlich enden, | auf den mit immer vollen Händen | die Götter ihre Gaben streun.“ Schiller, Ring des Polykrates. Erblassen und erbleichen heben den Anblick des im Tod erstarrten und farblos gewordenen Gesichtes hervor, und zwar ist der Ausdruck erbleichen noch nachdrücklicher als erblassen (vgl. bleich und blaß). Beide sind nur in poetischer Sprache üblich, und gewöhnlich wird dabei das Wort Tod in irgend einer Form noch hinzugesetzt, z. B.: Der Tod ließ ihn erbleichen, er erblaßte im Tode usw. Scheiden hebt hervor, daß der Sterbende von allem Abschied nimmt, was ihm lieb und teuer ist, daß er den Schauplatz seines Lebens, die Erde, für immer verläßt. „Sie hat geendet! Seht einen Engel scheiden!“ Schiller. „Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir.“ Paul Gerhardt. Abscheiden legt den Nachdruck auf die Trennung von der Erde, verscheiden bezeichnet das Scheiden als ein völliges, gänzliches und deutet zugleich auf den Übergang in eine andere Welt, wie auch hinscheiden und dahinscheiden. Man spricht von abgeschiedenen Seelen, abgeschiedenen Geistern usw. Abscheiden ist nur in poetischer Sprache üblich, während verscheiden auch in der Umgangssprache gebraucht wird. „Er ist soeben verschieden.“ „Laßt mich an diesem Altar verscheiden.“ Schiller, Kabale und Liebe V, 8. Heimgehen bezeichnet die Erde als einen vorübergehenden Aufenthaltsort und verlegt die wahre Heimat des Menschen in das Jenseits; es ist ein tiefpoetisches Wort unserer Sprache. „Er ist heimgegangen zu seinen Vätern.“ „Ich weiß, daß er längst zu der Ruhe des Grabes heimgegangen.“ Klopstock. Entschlafen entspricht der alten Anschauung, die in dem Schlafe und Tode Brüder erblickt; wie der Schlaf ein Ausruhen von der Arbeit des Tages ist, so bezeichnet dieses Wort den Tod als ein Ausruhen von der Arbeit des Lebens; dasselbe gilt von entschlummern, hinüberschlummern, dahinschlummern (vgl. schlafen und schlummern). „Kaiser Wilhelm ist entschlafen zu seinen Vätern.“ Fürst Bismarck im deutschen Reichstag am 9. März 1888. „Im Frieden laß du mich | entschlafen mehr als sterben.“ Kretschmann. „Bricht nun Euer Herz auch, Kinder, | nun im Tode, so strömt aus seinen Wunden Euch Labsal, | Wonne des besseren Lebens Euch zu! Ihr sterbt nicht. Ihr schlummert | nur zu dem Gottversöhner hinauf!“ Klopstock, Messias VIII, 597 ff. Die letzten beiden Beispiele zeigen zugleich, daß entschlafen, entschlummern u. ähnl. in der Regel auf einen schmerzlosen, sanften Tod hindeuten. Dahinfahren ist ein alter deutscher Ausdruck, der das Sterben eigentlich als eine Wanderung in ein besseres Land auffaßt. Fahren hieß früher überhaupt: sich von einem Orte zum andern bewegen. Namentlich gebrauchte man das Wort von einem, der auf die Wanderschaft ging, der sich an einem Kriegszuge (an einer Heerfahrt, an einer Kreuzfahrt, d. i. Fahrt ins heilige Land) usw. beteiligte, und beim Abschied rief man ihm zu: Fahrt wohl! (bei Graf Friedrich von Liningen: „var hin ze guoter stunde!“). Auch beim Scheiden aus dem Leben rief man dann gleichsam als letzten Scheidegruß, wie der Römer sein have pia anima, dem Sterbenden oder Verstorbenen ein: Fahr wohl! nach. Walther von der Vogelweide sagte z. B. in dem Nachrufe, den er Reinmar dem Alten widmete: „dîn sêle müeze wol gevarn, und habe dîn zunge danc.“ So ist der Ausdruck dahinfahren ein altertümlicher, volkstümlich schöner Ausdruck für verscheiden oder dahingehen, hinübergehen (ins Jenseits) u. ähnl. „Ich lebe, und weiß nicht wie lang'; | ich sterbe, und weiß nicht wann, | ich fahre, ich weiß nicht wohin, | mich wundert, daß ich fröhlich bin.“ Alter deutscher Spruch. Luther wandelte diesen Spruch in seiner Predigt über das Evangelium Job.. 14 und 15 in folgende Verse um: „Ich lebe, und weiß wohl wie lang'; ich sterbe, und weiß wohl wann; | ich fahre, ich weiß wohl wohin, | mich wundert’s, daß ich noch traurig bin.“ „Herr, nun lassest du deinen Diener in Frieden fahren!“ betete der alte Simeon im Tempel, dem der heilige Geist gesagt hatte, er sollte den Tod nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christ des Herrn gesehen. „Mit Fried und Freud ich fahr dahin.“ Versterben ist ein verstärkter Ausdruck für das einfache sterben, wie verscheiden für scheiden; er drückt aus, daß der Verstorbene uns gänzlich und völlig entrückt ist. Den Geist aufgeben ist eine nur in gewählter Sprache übliche Umschreibung für den einfachen Ausdruck sterben; noch mehr gilt das von den Wendungen: seinen Geist, seine Seele aushauchen. Verenden bezeichnet schlechthin das Aufhören des Lebensprozesses und wird vorwiegend von Tieren gebraucht, namentlich in der Jägersprache, z. B.: Der Hirsch verendete nach kurzer Zeit. Bei Menschen wird es nur dann angewendet, wenn ohne Rücksicht auf die höhere geistige Natur des Menschen lediglich das Aufhören der Lebensfunktionen angedeutet werden soll. Es ist in dieser Anwendung äußerst selten und hat da einen rohen und herben Klang; in guter Sprache ist es in der Anwendung auf den Menschen daher nicht gestattet. Da bedient man sich, wenn man eine Zusammensetzung von enden gebrauchen will, des Ausdrucks vollenden. „Er ist der Glückliche, er hat vollendet. | Für ihn ist keine Zukunft mehr.“ Schiller, Wallenst. Tod V, 3. Wird verenden hier und da einmal von einem Dichter in bezug auf den Menschen gebraucht, so dient es dazu, der Rede eine rohe oder bittere Färbung zu geben, z. B. „Ich bin ein Mensch und sollte nicht verenden dürfen in Ruh?“ Prutz. Auf Tiere angewendet, ist jedoch der Ausdruck verenden der edelste von den wenigen, die uns außer sterben da zu Gebote stehen. Man sagt außerdem nur noch verrecken und krepieren, die beide, selbst in bezug auf Tiere gebraucht, derbe Kraftworte sind; werden sie auf Personen angewendet, so sind sie durchaus niedrige Ausdrücke, welche die höchste Verachtung ausdrücken. Das Fremdwort krepieren (von lat. crepare, krachen, platzen) ist der niedrigste von allen Ausdrücken und ist durchaus entbehrlich. „Er ward verscharret in stiller Stund', | es folgt ihm winselnd nur der Hund, | der hat, wo den Leib die Erde deckt, | sich hingestreckt, und ist da verreckt.“ Chamisso, Der Bettler und sein Hund. Krepiert könnte hier nicht gesagt werden, es würde die ganze poetische Wirkung zerstören; es ist überhaupt im guten Stile unmöglich; denn es klingt nicht kräftig und derb, wie verrecken, sondern gemein. „Das war nun mein Seelengaudium, den Hund überall zu necken, wo ich nur konnte, und wollt’ halb krepieren vor Lachen, wenn mich dann das Tier so giftig anstierte.“ Schiller, Räuber I, 2.