552. Fast¹⁾. Beinahe²⁾.
Ist die Annäherung zu der Wirklichkeit einer Handlung so groß, daß nur ein Unmerkliches an ihrem Anfange fehlt, so wird man beinahe sagen; fehlt nur noch ein wenig an dem räumlichen Ganzen, daß man das in Frage kommende Stück oder den Teil kaum davon unterscheiden kann, so wird man besser fast (mhd. vaste, vast, ahd. fasto, fest, dicht, stark, nah, sehr, Adverbium zu mhd. veste, ahd. festi, fest) gebrauchen. Beinahe zeigt also eigentlich die Nähe, fast einen hohen Grad von etwas an. Ich hätte aus Zerstreuung beinahe das Tintenfaß statt der Sandstreubüchse ergriffen. Hier ist eine Handlung, die ihrem Anfange nach sehr nahe ist, aber doch noch nicht angefangen hat, wirklich zu werden. Hingegen: Ich habe fast das ganze Tintenfaß auf das Papier geschüttet, zeigt an, daß die Handlung wirklich geworden ist, und fast bezieht sich bloß auf das räumliche Ganze, das bis auf einen unmerklich kleinen Teil erschöpft ist. Doch werden vielfach beide Wörter ohne Unterschied sowohl bei zeitlichen als räumlichen Größen gesetzt. „Den Pferden war’s so schwach im Magen, | fast mußt’ der Reiter die Mähre tragen.“ Unland, Schwäbische Kunde.