604. Frisch¹⁾. Jung²⁾. Neu³⁾.
(Modern)
Neu bezieht sich zunächst bloß auf die Zeit und bezeichnet jedes Ding, das noch nicht lange dagewesen ist, zu welcher Art oder Gattung es auch gehören mag, es sei lebendig oder leblos, Mensch oder Tier, Sache oder Eigenschaft. Nach der verschiedenen Natur der Dinge verlieren einige von ihrer Vollkommenheit, wenn sie alt werden. Der Mensch verliert, wenn er alt wird, vieles von seinen Kräften, seiner Munterkeit und Gesundheit, diesem ist der junge Mensch entgegengesetzt, der noch alle seine Kräfte hat, bei dem sie zunehmen; die Pflanzen verlieren von ihrer Feinheit, Weiche und Biegsamkeit; und so ist ein alter Baum einem jungen, so sind alte Erbsen jungen, alter Salat jungem entgegengesetzt. Jedoch nur bei Naturdingen und bei Lebendigem ist jung dem Alten entgegengesetzt, bei toten Gegenständen, bei Erzeugnissen menschlicher Kunstfertigkeit u. ähnl. bildet den Gegensatz zu alt neu. Diejenigen Gegenstände, die schon vor längerer Zeit angefertigt und durch längeren Gebrauch abgenutzt sind, nennt man alt; diejenigen, die noch gar nicht oder nur erst kurze Zeit gebraucht worden und deshalb noch schön und glänzend sind, nennt man neu. „Unter Wonnemelodien | ist der junge Lenz erwacht. | Seht, wie froh den Phantasien | neuer Lust sein Auge lacht.“ Bürger. Frisch hebt hervor, daß etwas sich noch in dem Zustande der ersten jungen Kraft befindet, z. B. frisches Grün, frische Blüten, frisches Fleisch, auf frischer Tat, frischer Sinn, frisch und gesund usw. Dann bedeutet es, dieser Grundbedeutung entsprechend, etwas, das völlig unverdorben oder noch völlig unbenutzt ist, z. B. frische Waren, das Fleisch ist nicht mehr ganz frisch. „Der Wein ist ausgetrunken. Bringe eine frische Flasche.“ Wir haben ein frisches Faß angezapft!“ Zuweilen bedeutet frisch auch kühl, d. h. der betreffende Gegenstand erfrischt uns, weil er kühl ist, z. B. Es weht eine frische Luft, das Wasser ist sehr frisch usw. Junge Mannschaften sind solche, die noch jung an Jahren sind; neue Mannschaften solche, die noch nicht lange in Dienst sind; frische Mannschaften solche, die bisher noch keine Dienste geleistet haben, z. B. es wurden frische Mannschaften ins Treffen geführt, d. h. solche, die bisher noch nicht an dem Treffen beteiligt gewesen waren; es können das auch alte Mannschaften sein, sie heißen frisch bloß in Rücksicht darauf, daß sie an diesem Tage noch nicht in Tätigkeit waren. „Und frische Nahrung, neues Blut saug ich aus freier Welt.“ Goethe, Auf dem See. — Hierher gehört auch das Fremdwort modern (von frz. moderne, ital. u. span. moderno, aus mittellat. modernus, das von lat. modus, d. i. Art und Weise, oder von dem Adverb. modo, d. i. eben jetzt, herkommt); dasselbe bezeichnet etwas, das der gegenwärtigen Mode, dem Tagesoder Zeitgeschmack entspricht; ein Kleid im neuesten Geschmack ist modern (Gegens. veraltet, altmodisch); auch ein Kunstwerk, das dem Geschmack der Neuzeit entspricht, heißt modern, es ist im modernen Geschmack ausgeführt (Gegens. antik, mittelalterlich, klassisch). Das Neue ist als solches noch nicht modern; es kann absichtlich im alten Geschmack hergestellt sein.