608. Frühling¹⁾. Frühjahr²⁾. Lenz³⁾.
Die erste der vier Jahreszeiten heißt Frühling (eine neuhochdeutsche Bildung, das alte germanische Wort ist Lenz), und es bezeichnet dieser Name ganz allgemein die Zeit vom 21. März bis zum längsten Tage, dem 21. Juni. Wenn man den Zeitraum des ganzen Jahres ins Auge faßt und ohne genauere Zeitbestimmung die Anfangszeit, in der die Natur erwacht, der Endzeit, in der sie allmählich wieder abstirbt, entgegensetzt, z. B. in bezug auf Säen und Ernten, so nennt man jene das Frühjahr, diese das Spätjahr (Herbst). Der dichterische Ausdruck für Frühling, der uns die Wonne der wiederauflebenden Natur anzudeuten pflegt, ist Lenz (vermutlich vom alten lengen, d. i. lang machen, herzuleiten und ursprünglich nur auf die länger werdenden Tage hinweisend, mhd. lenze, mit den Nebenformen langez, langeze, ahd. lenzo, lenzin, langiz). Zuweilen wird der Lenz in poetischer Sprache auch nur mit dem Namen des Hauptmonats im Lenz: Mai genannt. So heißen bei Luther einmal die vier Jahreszeiten; Mai, Sommer, Herbst und Winter. „Die Blüte des Mais und die Flamme des Sommers und die Reife des Herbstes.“ Hölderlin, Hyperion. „Er kommt zum Frühjahr, sagte Anton und sah prüfend auf den Vater. Der Alte schüttelte wieder den Kopf: Zum Frühjar wird er nicht kommen, zu mir nicht.“ G. Freytag, Soll und Haben II, 368 (29. Aufl.). „Ist der holde Lenz erschienen? Hat die Erde sich verjüngt?“ Schiller, Klage der Ceres. „Wenn des Frühlings Kinder sterben, | wenn von Nordes kaltem Hauch | Blatt und Blume sich entfärben, | traurig steht der nackte Strauch, | nehm’ ich mir das höchste Leben | aus Vertumnus’ reichem Horn.“ Schiller, Ebenda. Frühling ist der üblichste Ausdruck, wie von den übrigen Jahreszeiten die Namen: Sommer, Herbst, Winter.